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polieren, sondern auch den größeren Teil Deutschlands mit Musikinstrumenten, wie
Flöten, Pfeifen, Violinharfen, Trommeln und Fagotten versorgen."
(Leipziger Tageblatt vom 1. 11. 1906, Aus einem Berichte des Londoner Korrespondenten.)
2. Über die Wirkung des preußisch-deutschen Zollverbandes.
1833.
„Noch lag aber der Handelsverkehr darnieder, gelähmt durch preußischen
Grenzzoll. Ter Versuch eines mitteldeutschen ^ZollverbandesZ 1828 hatte sich nicht
fruchtbar bewiesen. Zutritt zum preußischen Zollverband hatte bei
einem Theil der Leipziger Kaufmannschaft und auch der übrigen städtischen Bevölke¬
rung eifrige Widersachers, es gab Befürchtungen von Unsegen, der daraus erwachsen
würde; dem beschränkten Gesichtspunkte einzelner, die besonders schwarz sahen, mochte
auch sich etwas von Antipathie gegen Preußen, das die Hälfte Sachsens an sich ge¬
nommen, Zumischen- Doch die Ständeversammlung entschied sich am 30. März 1833
für den Zutritt. In Ausführung kam dieser am 1. Januar 1834, und damit ward
ein Act der fröhlichsten Wiedergeburt des sächsischen, hauptsächlich des Leipziger
Gewerbes und Handels ins Leben gerufen. Wachsthum und Fortschritt auf der
neuen weitgedehnten Bahn kam zum besten Gedeihen, und bald gesellte sich zu den
städtischen Behörden auch eine rasch sich mehrende Vertretung der Handelsinteerefsn
außersächsischer Staaten in den Consulaten . . .
Was schon seit der Neuerung staatlicher Formen begonnen hatte, vielfältige
Schöpfung und Umgestaltung gewerblicher Institute, machte jetzt einen merklich be¬
schleunigten Fortschritt. Leipzig, bisher nur in einem geringen Maß Fabrikort,
hatte nun zu seinen Wachstuch-, Tabak-, Flügel- und Pianefortefabriken etc. seine
Harkort'sche Eisengießerei, seine Pfaffendorfer Kammgarnspinnerei, seine ansehnlichen
Cigarrenfabriken zu rühmen. Hohe Fabrikessen begannen in den Vorstädten sich zu
erheben. Eine Handelsschule ward 1831 gegründet, eine Buchhändlerbörse 1834,
die Leipziger Bank 1838 etc. Von der Zunahme des Unternehmungsgeistes und
des die Mittel zur Ausführung gewährenden Wohlstandes zeugten hauptsächlich die
rasch und stolz sich erhebenden Neubauten; hier wetteiferten Staatsregierung, Stadt-
behörden, Universität und Private mit einander ..."
(Leipziger Tageblatt 1863, Nr. 303.)
') In der Zeitschrift „Europa, Chronik der gebildeten Welt" (1836, III) berichtet ein gut
unterrichteter Verfasser hierüber: „Es gab eine Zeit, wenn man da einen Leipziger ärgern wollte,
brauchte man nur vom preußischen Zollverband anzufangen, so eingenommen war man gegen das
Institut. Ja, selbst als der Rutien dieser Vereinigung für Sachsen von den Einsichtsvollern fast
außer Zweifel gesetzt war, gab es der Kleingläubigen und Mißtrauischen die Menge. Jetzt sieht
die Sache anders aus. Seit jener Verein ins Leben getreten, hat sich die Stadt so gehoben, daß an
achtzig neue Häuser im Entstehen sind. Dieses sichtbare Emporblühen würde nun an sich schon
einen tatsächlichen Beweis zugunsten des Vereins abgeben, aber ich kann mit einem noch weit
schlagenderen Beweise zu Hilfe kommen. Wenn man vor dem Zollanschlusse zehn Leipziger nach
dem Resultate der Messe fragte, so waren sicher neun damit unzufrieden und brummten über
schlechte Zeiten . . . Aber die Zeiten ändern sich , und ich glaube, daß hiervon der Zoll-
verband die nächste Ursache ist; denn als ich in vergangener Ostermesse wieder meine Dezemvirn
frug, so fanden zwei die Messe gut, drei leiblich, einer „so, so", drei zuckten die Achseln und
einer sagte: hm! hm! . . . Ich erwiberte, nun da sieht man bie Folgen des Zollverbandes, von
dem man einst nichts wissen wollte. Ein paar gaben mir Recht, die andern wollten den Grund
in der Eisenbahn finden, obschon es noch mehrere Jahre bedarf, bevor nur die nach Dresden zu¬
stande kommt." —