104 Politiker ouiflctttb Deiit)diIuHbs ciitt (£nbc bcs §u)ifd^etu‘cid)^.
„Schwertorden", welches Pommern und Preußen (das heutige West-
und Ostpreußen) sowie Kur- und Lievland eroberte uud christiani¬
sierte, rückte die Grenzen, wenn auch nicht des deutschen Reichs (denn
diese Ordenslünder blieben staatsrechtlich außerhalb des Reichsver¬
bandes), aber doch der deutschen Nationalität weit nach Osten hinaus.
Das alles war für deu Augenblick sehr günstig, indem es das
deutsche Gebiet nach außen nicht bloß unversehrt erhielt, sondern so¬
gar erweiterte; allein zu beklagen blieb doch, daß solche Erfolge nicht
durch Kaiser und Reich, sondern lediglich durch die Einzelfürsten unb
durch die geeinte Kraft städtischer und geistlicher Körperschaften er¬
rungen wurden.
innern war der Auflösungsprozeß der Reichseinheit in
immer beschleunigter Schnelligkeit bor sich gegangen. Zwar die Zer¬
schlagung der Herzogtümer, an welcher die deutschen Könige lange
gearbeitet hatten, war durch den Sturz Heinrichs des Löwen voll¬
endet; allein sie kam zu spät; die Einheitsgewalt war schon zu sehr-
geschwächt, dem Fürstentum war (durch die unseligen Friederieianischen
Gesetze) schon ein zu großes Maß von Recht und Macht eingeräumt,
als daß die Uberwucherung des monarchischen Prinzips durch ein
aristokratisches noch hätte rückgängig gemacht werden können. Dazu
kam, daß ohngesähr gleichzeitig mit der Auflösung der Herzogtümer
auch die der Gauverfassung vor sich ging, durch welche die uatiouale
Einheit empfindlich beeinträchtigt ward. Diefe Auflösung erfolgte
dadurch, daß innerhalb der einzelnen Gangraffchaften größere Grund¬
besitzer („Dynasten") sich von der Grasengewalt unabhängig zu
machen, ihre Hintersassen, auch die freien, dem öffentlichen Gericht zu
entziehen, und auf diese Weise selbständig in sich abgeschlossene Herr¬
schaften zu bilden verstanden. Dieses üble Beispiel ahmten dann
auch manche der Gaugrafen felbst nach, indem sie entweder aus ihrer
ganzen Grafschaft oder aus Teilen derselben ein erbliches, dynastisches
Besitztum machten. Die so entstandenen Herrschaften führten zwar
meist auch den Namen Grafschaften, kennzeichneten sich aber als dyna¬
stische Staatenbildungen dadurch, daß sie nicht nach einem Gau, son¬
dern nach dem Stammsitz ihres Besitzers benannt wurden. Schon
im II. Jahrhundert erscheinen vielfache Ansätze zu solchen dynastischen
Bildungen. In Schwaben treten die Hohenlohe, Lausten, Hohenberg,
Ealwe, Eberstein, Fürstenberg, Rechberg, Zolre (Hohenzollern), Nellen-
berg, Urach, Wrrtemberg (die späteren Herzöge), Helsenstein, Öttingen,
Sigmaringen u. s. w. als sog. „kleine Herren" auf, m Thüringen die
Schwarzburg, Gleichen u. a., weiter nördlich die Tecklenburg, Oldenburg,