Full text: Von der Entstehung eines selbständigen deutschen Reichs bis zu Karl V. 843 - 1519 (Theil 2)

104 Politiker ouiflctttb Deiit)diIuHbs ciitt (£nbc bcs §u)ifd^etu‘cid)^. 
„Schwertorden", welches Pommern und Preußen (das heutige West- 
und Ostpreußen) sowie Kur- und Lievland eroberte uud christiani¬ 
sierte, rückte die Grenzen, wenn auch nicht des deutschen Reichs (denn 
diese Ordenslünder blieben staatsrechtlich außerhalb des Reichsver¬ 
bandes), aber doch der deutschen Nationalität weit nach Osten hinaus. 
Das alles war für deu Augenblick sehr günstig, indem es das 
deutsche Gebiet nach außen nicht bloß unversehrt erhielt, sondern so¬ 
gar erweiterte; allein zu beklagen blieb doch, daß solche Erfolge nicht 
durch Kaiser und Reich, sondern lediglich durch die Einzelfürsten unb 
durch die geeinte Kraft städtischer und geistlicher Körperschaften er¬ 
rungen wurden. 
innern war der Auflösungsprozeß der Reichseinheit in 
immer beschleunigter Schnelligkeit bor sich gegangen. Zwar die Zer¬ 
schlagung der Herzogtümer, an welcher die deutschen Könige lange 
gearbeitet hatten, war durch den Sturz Heinrichs des Löwen voll¬ 
endet; allein sie kam zu spät; die Einheitsgewalt war schon zu sehr- 
geschwächt, dem Fürstentum war (durch die unseligen Friederieianischen 
Gesetze) schon ein zu großes Maß von Recht und Macht eingeräumt, 
als daß die Uberwucherung des monarchischen Prinzips durch ein 
aristokratisches noch hätte rückgängig gemacht werden können. Dazu 
kam, daß ohngesähr gleichzeitig mit der Auflösung der Herzogtümer 
auch die der Gauverfassung vor sich ging, durch welche die uatiouale 
Einheit empfindlich beeinträchtigt ward. Diefe Auflösung erfolgte 
dadurch, daß innerhalb der einzelnen Gangraffchaften größere Grund¬ 
besitzer („Dynasten") sich von der Grasengewalt unabhängig zu 
machen, ihre Hintersassen, auch die freien, dem öffentlichen Gericht zu 
entziehen, und auf diese Weise selbständig in sich abgeschlossene Herr¬ 
schaften zu bilden verstanden. Dieses üble Beispiel ahmten dann 
auch manche der Gaugrafen felbst nach, indem sie entweder aus ihrer 
ganzen Grafschaft oder aus Teilen derselben ein erbliches, dynastisches 
Besitztum machten. Die so entstandenen Herrschaften führten zwar 
meist auch den Namen Grafschaften, kennzeichneten sich aber als dyna¬ 
stische Staatenbildungen dadurch, daß sie nicht nach einem Gau, son¬ 
dern nach dem Stammsitz ihres Besitzers benannt wurden. Schon 
im II. Jahrhundert erscheinen vielfache Ansätze zu solchen dynastischen 
Bildungen. In Schwaben treten die Hohenlohe, Lausten, Hohenberg, 
Ealwe, Eberstein, Fürstenberg, Rechberg, Zolre (Hohenzollern), Nellen- 
berg, Urach, Wrrtemberg (die späteren Herzöge), Helsenstein, Öttingen, 
Sigmaringen u. s. w. als sog. „kleine Herren" auf, m Thüringen die 
Schwarzburg, Gleichen u. a., weiter nördlich die Tecklenburg, Oldenburg,
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.