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teu noch etwa hundert Franzosen als Gefangene
durch den Drahtverhau in ihre Stellung zurück.
Auch das Geschützfeuer schwieg. Ringsum
wurden die Lichtscheine der Scheinwerfer aus¬
getilgt, uud von Morgen her kam durch das
graue Gewölk der erste helle Schein des neuen
Tages." — Eine der störendsten Verbindungen
hinter der sranzös. Front war sür das deutsche
Heer die Eiseubahu, die vou Belsort über Dant-
merfirch geht und die Zufuhr für die französische
Front im Sundgau sehr erleichterte. Dem mußte
ein Ende gemacht werden. Gelang die Zerstörung
des großeuEisenbahnviadukts bei Dmnmerkirch, so
war die ganze Bahnlinie unbrauchbar. Am Sonn¬
tag den 30. Mai, morgens 6 Uhr, begann die Be¬
schießung, nachdem schon vorher in aller Frühe
drei deutsche Flieger in einer Höhe von 2500
Metern über Dammerkirch erschienen waren, um
das deutsche Feuer zu leiten. Im „Dsmocrate",
einem Blatt des Schweizer Städtchens Poutar-
liers, meldete ein Augenzeuge, man könne sich
von der Wirkung der schweren deutschen Ge¬
schütze nur einen Begriff machen, wenn man den
Zustand der äußersten Häuser vou Dammerkirch
sähe. Es heißt da: Das ganze Gelände ist über¬
streut mit großen und kleinen Steinen, mit
Schutt und Trümmern und allerhand Eisen¬
bestandteilen. Die deutschen Geschosse haben Lö¬
cher von 4 Meter Tiefe und 8 Meter Durchmesser
in den Boden geschlagen, in denen nun die Kin¬
der spielen. Der Viadukt hat schwer gelitten,
und mehrere Bogen wurden zusammengeschossen.
Wenige Minuten vor 7 Uhr sauste das erste Ge¬
schoß aus einem 155-mm-Geschütz heran und
schlug 280 m vom Viadukt entfernt in den Boden
ein. Mit drahtloser Telegraphie meldeten die
Flieger den Erfolg, und kurz darauf kam das
zweite Geschoß, das nur noch 200 Meter vom
Viadukt entfernt war. Nachdem die Flieger wie¬
derum den Erfolg nach der bei Walheim-Altkirch
stehenden schweren Artillerie gemeldet hatten,
dauerte es einige Zeit, bis das dritte Geschoß
abging, aber dieses war ein Volltreffer und sauste
mitten in einen Pfeiler des Viadukts. Diese
Treffsicherheit erregte auf französischer Seite
hohe Bewunderung, und mit einiger Besorgnis
erwartete man die weitere Beschießung. Plötz¬
lich aber erfolgte eine furchtbare Detonation, so
daß die Erde erzitterte, und man sah zwei Pfei¬
ler des Viadukts schwanken und nach beiden Sei¬
ten zusammenbrechen. Die Wirkung war so stark
und die Erschütterung so mächtig, daß mau ganz
entsetzt war, als eine zweite noch viel schwerere
Detonation die Brücke eine Zeitlang in eine
Rauch- und Staubwolke hüllte, während Steine,
Eisenstücke und Betonbrocken weit umherflogen.
Die zweite Explosion wurde dein Platzen des
Geschosses zugeschrieben, durch die eine weite
Bresche in den Viadukt geschlagen wurde. Als
die Staubwolke sich verzogen hatte, sah mau die
Pfeilerstücke in die Lust ragen, und hoch darüber
int Blau schwebten noch immer die drei Flieger,
die sich nun nach Osten verzogen. Der Augen¬
zeuge meinte, es müsse ein 42er-Geschütz gewe¬
sen sein, das den großen Viadukt vou Dammer¬
kirch zerstörte. Das Schweizer Blatt aber glaubte
ein Fragezeichen dazu machen zu müssen. Jetzt,
da ja der Fall zu unserer Zufriedenheit erledigt
und die Stellung des schweren deutschen Geschüt¬
zes längst wieder eingeebnet ist, können wir es
verraten, daß es wirklich ein Zweinndvierziger
war, der die saubere Arbeit geschasst hat.
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Die deutsche Fahne.
Rus der Geschichte der Feldzeichen,
von Erich Kefoler, Charlotlenburg.
Unsere Fahnen
Ernst un§ mahnen,
Mahnen uns an Ehr' und Pflicht,
x Daß wir treu sind unsern Eiden,
Trotz Gefahr unb Not unb Leiden
Kämpfen, bis das Herz uns bricht!
Deutsche Fahnen flattern jetzt wieder auf
dein blutigen Feld der Ehre unsern siegreichen
Kriegern voran, und das Heiligtum des Regi¬
mentes offenbart feine geheimnisvolle Macht über
die Gemüter der Soldaten.
Sobald der junge Mensch Soldat geworden
ist, muß er den Fahneneid leisten, und hier¬
bei vertritt die Fahne die Person des obersten
Kriegsherrn. An heiliger Stätte ist sie einst von
der Hand des Geistlichen feierlich geweiht und von
dem Könige dem Truppenteil verliehen worden
und hat seitdem gute und böse Tage erlebt. Bon
alters her sind die Fahnen den Deutschen ein teu¬
res Symbol der hingebenden Treue, des stol¬
zen Opfermutes, der kriegerischen Ehre, und es
ist die größte Schmach für ben bctreffenbcit Trup¬
penteil, weitn bie Fahne ehrlos verloren geht.
Die Fahne ist ein burch Farbe ober Bitb
kenntliches Stück Zeug, welches an einer Stange