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Rettung; darum übertrug man ihm dieses Amt drei Jahre hinter
einander. — Doch auch den alten, tapferen Soldaten des Marius
kamen jene Barbaren in ihren Thierfellen und mit ihrem riesigen
Wuchs so fürchterlich vor, daß der kluge Feldherr sich erst Wochen
lang in seinem Lager verschanzte, um die Römer an den Anblick
des Feindes zu gewöhnen. Dann, als er eine vorteilhafte Stellung
bei Aix (Aqua Sextiä) im südlichen Frankreich genommen hatte,
griff er die Teutonen unter ihrem Führer Teutobod an, und
schlug sie völlig (102). Als die Römer in das teutonische Lager
drangen, vertheidigten sich noch die Weiber auf ihrer Wagenburg
mit Löwenmuth; sie tödteten lieber ihre Säuglinge und erhingen
sich an ihren eigenen langen Haaren, um sich nicht den Römern
zu ergeben.
Daraus wandte sich Marius gegen die Cimbern, die bereits in
Oberitalien eingebrochen waren. Er erreichte sie am Po in der
Nähe von Verona, wo sie den römischen Unterfeldherrn Katulus
hart bedrängten. Diese zweite Schlacht (30. Juli 101) war gleich
blutig wie die erste gegen die Teutonen. Nach langem Kampfe
siegten auch hier die Römer und tödteten oder fingen das gefammte
feindliche Heer. — Triumphirend zog Marius in Rom ein und
ward als Retter des Staates von dem Volke fast vergöttert.
Die weiteren Schicksale des Marius sind auf das innigste mit
denen feines Nebenbuhlers Sulla verknüpft. Lucius Kornelius
Sulla stammte aus einem alten patrizischen Geschlechte. Er war
ein Mann von seltenen Gaben, aber zwiespältigen Charakters. Unter
Marius kämpfte er mit Auszeichnung. Gei der Auslieferung des
Jugurtha hatte er sich durch gewandte Führung der Unterhandlungen
großen Ruhm erworben. Geneigt, Überall der Erste zu sein, war
es nicht gerade Ehrgeiz, was ihn trieb, vielmehr der Wunsch, sein
Vaterland groß und herrlich zu wissen. Der Unordnung machte
er mit furchtbarer Gewalt ein Ende, die Ordnung aber, die er an
deren Stelle setzte, war der überall durchgreifende Wille eines
Alleinherrschers.
Sulla stützte sich auf die vornehmen, Marius auf die ärmeren
Klassen. Beide eigneten sich durch ihre Eigenschaften zu Führern
der verschiedenen Parteien. Marius, tollkühn, roh und gewaltsam,
war ganz der Mann des großen Hausens, während der schlaue,
gewandte, um die Wahl der Mittel nie verlegene Sulla der über¬
tünchten Verdorbenheit der Vornehmen durchaus zusagte. Große
Feldherren waren beide; zu dem Verderben Roms aber haben auch
beide durch Gesetzesübertretungen und Gewaltthätigkeiten der schlimm¬
sten Art gleich viel beigetragen.
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