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andere schickte sie an Konstantin. Helene war übrigens eine gar gute 
Frau, die recht ihre Freude im Wohlthun fand. Arme, Wittwen 
und Waisen zu unterstützen, war ihr größtes Vergnügen. Oft sah 
man sie ohne alle Zeichen ihrer Würde mitten unter andern Frauen 
auf den Knieen liegen und beten. Sie starb von allen geehrt, von 
ihrem Sohne innigst geliebt, im hohen Alter. 
Konstantin hatte seine Taufe bis gegen sein Lebensende ver¬ 
schoben, weil er glaubte, durch das Bad der Taufe alle Sünden 
von sich abzuwaschen, und weil man die nach der Taufe begangenen 
Sünden für schwerer hielt. Am Psingstseste des Jahres 337 ließ 
er sich laufen und bekannte dabei aufrichtig, daß er fortan ein christ¬ 
licheres Leben führen wolle, wenn ihn Gott noch leben ließe. Nach 
der Taufe that er den kaiserlichen Mantel nicht wieder um, sondern 
behielt die weißen Tauskleider an. Schon wenige Tage darauf starb 
er in einem Alter von 65 Jahren. 
Die Völkerwanderung. *) 
Um das Jahr 375 nach Chr. brach aus den öden Steppen, 
welche sich mitten in Asien ausbreiten, zahlloses Volk auf und zog 
gegen Abend. Das waren die Hunnen. Scheußlich und ent¬ 
setzlich waren diese Fremdlinge anzusehen, fast gar nicht wie Men¬ 
schen, klein, aber breit von Schultern, hatten dicke Hälse und eine 
gelbe Haut, die Gesichter waren voller Narben und häßlich durch 
platte Nasen, wulstige Lippen, hervorstehende Backenknochen und schief¬ 
liegende, kleine blinzelnde Augen. Sie trugen Thierfelle, das Rauhe 
nach außen, und saßen den ganzen Tag auf ihren Rossen, die 
so klein und häßlich, aber auch so stark wie der Reiter waren, und 
schliefen des Nachts daraus, die Mähne in der Faust; sie aßen rohes 
Fleisch, auf dem sie so lange ritten, bis es mürbe geworden, und 
tranken Blut; sie waren Meister im Pfeilschießen und warfen, wenn 
sie schnell wie der Wind aus ihren Gäulen dahinsprengten, den 
Feinden oder den wilden Thieren, die sie jagten, Schlingen um den 
Hals. Wie die Männer nie von den Rossen, so kamen ihre Weiber 
selten von den Wagen, die gleich Zelten hergerichtet waren; in diesen 
beweglichen Häusern verrichteten sie alle Arbeiten. 
Die Hunnen stießen auf die Alanen (zwischen Wolga und Don), 
diese auf die Gothen, welche die Landstriche zwischen dem schwarzen 
Meere und den Ufern der Weichsel und Oder bewohnten. Alar ich, 
König der Westgothen, zog nach Italien und eroberte Rom. Von 
hier aus gingen die Gothen nach Spanien und verdrängten die 
Vandalen. Diese zogen unter Geiserich nach Nordafrika. In 
England fielen von Norden her aus Schottland die Pikten und 
Skoten ein. Diese wurden wieder verdrängt von den Sachsen, 
*) Nach Dullcr.
	        
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