Der glänzende Zeitraum der ägyptischen Geschichte beginnt mit 
dem kriegerischen König Sesostris. Er begnügte sich nicht damit, 
das Land von den Fremden gesäubert zu haben, sondern überschritt 
nach seinen glücklichen Siegen die Grenzen Aegyptens als Eroberer. 
Sein erster Zug ging gegen die Araber. Dann griff er Palä¬ 
stina, Syrien und Kleinasien an. Mit seinem Landheere soll 
er sogar bis an den Ganges und an den indischen Ocean ge¬ 
kommen sein. Nachdem er mehrere asiatische Völker unterworfen 
hatte, begab er sich nach Europa, um gegen die Thracier zu 
kämpfen. Dieses kriegerische Volk soll seinen Siegen Grenzen ge¬ 
setzt haben. 
Nach seiner Rückkehr in das Vaterland ließ Sesostris zum An¬ 
denken an seine Siege überall Säulen errichten. Die großen Gemälde 
auf denselben, die man noch heut zu Tage sieht, und auf denen Se¬ 
sostris stets als Sieger, von Beute und Gefangenen umgeben, erscheint, 
bestätigen die Großthaten dieses Königs. Es wird erzählt, daß ge¬ 
fangene Könige seinen Siegeswagen ziehen mußten. Einer dieser 
Könige blickte unverwandt auf Ein Rad. Darum befragt, gab er 
zur Antwort: «Das Umdrehen des Rades erinnert mich an die Ver¬ 
änderung des Glücks. Mancher König, der heute noch auf dem 
Throne sitzt, befindet sich vielleicht morgen in Knechtschaft.« Sesostris, 
hierdurch an den möglichen Wechsel seines eigenen Geschicks erinnert, 
ließ sofort den Siegeswagen nicht mehr von den gefangenen Königen 
ziehen. 
it Für die Wohlfahrt seines Volkes zeigete sich Sesostris dadurch 
thätig, daß er viele Kanäle ausgraben und bedeutende Landstrecken 
urbar machen ließ. Die unterjochten Völker mußten ihm thurmhohe 
Obelisken, prachtvolle Paläste und Tempel bauen. Er hielt es für 
einen Ruhm, daß er auf jeden vollendeten Tempel die Inschrift setzen 
lassen konnte: »An diesem Gebäude hat kein eingeborner Aegypter 
gearbeitet!« Sesostris soll, nachdem er länger als ein Menschenaller 
regiert hatte, sich selber ums Leben gebracht haben. Nach seinem 
Tode machten sich die von ihm unterworfenen Völker wieder von 
der ägyptischen Herrschaft frei. 
P s a m m e 1 i cf).*) 
(666 v. Chr.) 
Um diese Zeit vereinigten sich zwölf Fürsten und theilten sich in 
die Herrschaft über Aegyptenland. Zur Verewigung ihres Namens 
baueten sie das berühmte Labyrinth. Aber die gemeinschaftliche 
Regierung der zwölf Pharaonen war von kurzer Dauer. Es war 
eine alte Weissagung vorhanden, daß derjenige einst ganz Aegypten 
beherrschen würde, der sein Opfer in einer ehernen Schale brächte. 
*) Nach Grube.
	        
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