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In Maximilian stellte sich noch einmal, und zuletzt, das Ritter¬ 
tum in seiner ganzen Herrlichkeit dar. Wie dieses in seinen großen 
Zügen eben so erhaben als liebenswürdig war, so vereinigte auch 
der Kaiser Kühnheit, Ernst und Hoheit der Seele mit kindlicher 
Milde; und wie die warme Einbildungskraft des Mittelalters zu 
den wunderbarsten Wagnissen trieb, so ist auch in Maximilians 
Unternehmungen das ritterlich Kühne, Schwärmerische, oft Aben¬ 
teuerliche vorherrschend. Es zeigt sich in dem Großen, wie in dem 
Kleinen. ^ r . . 
Eine seiner liebsten Beschäftigungen war die Gemsenjagd, weil 
sie die kühnste ist. Er wagte sich dabei oft an so gefährliche Stellen, 
daß feine Freunde für fein Leben zitterten. Bekannt ist die Er¬ 
zählung, wie er einst in Tyrol sich beim rastlosen Versolgen einer 
Gemse auf der Martin sw and so verkletterte, daß man chn be¬ 
reits verloren gab. Noch zur rechten Zeit eilte ein junger Tyroler 
herbei, der den Kaiser vom schrecklichen Hungertode errettete. — In 
den Gefahren der Kampfspiele scherzte er eben so, wie in dem Ernste 
der Schlacht, wo mancher Gegner vor ihm erliegen mußte. Seine 
Persönlichkeit forderte zugleich zur Bewunderung und zur Hingebung 
auf, und war ganz geeignet, im Munde des Bolkes fortzuleben. 
Dabei fand der vielbeschäftigte Herrscher auch zu den Wissen¬ 
schaften und Künsten Zeit, erwarb sich Kenntnisse, die selbst an dem, 
welcher sich einzig solchen Beschäftigungen wivmen kann, Bewun¬ 
derung erregen würde. Er hatte ein Gedächtniß, welchem alles 
gegenwärtig blieb, was er je gelernt, gesehen oder erlebt hatte. Er 
redete fast alle damals in Europa üblichen Sprachen, hinterließ 
selbst mehrere Werke in deutscher Sprache, lernte mit eigener Hanv 
die Kunst Harnische zu schmieden und Geschütze zu bohren, und war 
gegen Jedermann so freundlich, so geistreich und liebenswürdig im 
Umgange, daß man in Allem den vollendeten deutschen Mann in 
ihm zu erblicken glaubte. Nie ist ein Fluch oder eine Gotteslästerung 
über seine Lippen gekommen, und sein edles Gemüth war stets, auch 
bei bittern Beleidigungen, zur Gnade geneigt. Sein Aeußeres ent¬ 
sprach ganz diesem Bilde. Er war groß und stark, von wahrhaft 
königlichem Anstande. In seinen jüngeren Jahren wallte sein Haar 
in blonden Locken um den Nacken; in seinen lichtbraunen Augen 
war Feuer und Güte zu lesen, und die hohe Stirn und seine Adler¬ 
nase vollendeten den Ausdruck der Erhabenheit in seinen Zügen. 
Das Feurige in seiner Natur hatte Maximilian von seiner Mutter, 
der großherzigen Eleonore von Portugal, welche leider zu früh 
starb. Doch muß auch seinem Vater zum Ruhme nachgesagt werden, 
daß er durch treffliche Meister, so wie durch eigenen Unterricht, 
vorzüglich für die Bildung des Knaben und Jünglings gesorgt hat.
	        
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