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nahen Gottes, und der Ruf hiervon lockte selbst aus den entferntesten 
Gegenden viele Menschen herbei. Ehe die Fragenden zugelassen 
wurden, mußten sie sich durch Opfer, Fasten und Beten vorbereiten 
und vor Allem die unerläßlichen Geschenke für Apollo niederlegen. — 
Hierauf ging eine Priesterin, Pythia genannt, in das innere 
Heiligthum und setzte sich aus einen mit Lorbeerzweigen umflochtenen 
Dreifuß, der über der dampfenden Höhle stand. Sie gerieth dann 
in Zuckungen, ihr Haar sträubte sich empor, wild rollten die Augen 
und Schaum trat ihr vor den Mund. In diesem Zustande stieß 
sie abgebrochene Worte aus, welche von den Priestern gedeutet 
wurden. 
Anfangs standen die Orakel in großem Ansehen. Wichtige 
Staatsangelegenheiten wurden nicht eher vorgenommen, als bis 
man die Pythia um Rath gefragt hatte. (Als Krösus gegen Cyrus 
einen Feldzug unternehmen wollte, reiste er vorher nach Delphi, 
um sich über den Ausgang des Krieges sichere Auskunft geben zu 
lassen.) Willig folgten die Fragenden den erhaltenen Aussprüchen 
des Gottes, da sie als untrüglich galten. Eben so wie wir uns 
vor jeder wichtigen Handlung mit Gebet an Gott wenden, so 
wandten sich die Griechen an das Orakel. Wir können uns daher 
leicht denken, daß die Orakel aus die sittliche Bildung dieses Volkes 
einen großen Einfluß ausübten. Blutige Kriege wurden auf den 
Ausspruch des Orakels unterlassen und wilde Leidenschaften gezähmt. 
Indessen verloren zuletzt die Orakel ihr Ansehen dadurch, daß sie 
von habsüchtigen Priestern gemißbraucht wurden, welche für Geld 
und Geschenke die Aussprüche, wie man es haben wollte, deuteten. 
Auch wurden die Antworten durch Kunstgriffe der Priester, wenn 
sich diese nicht zu helfen wußten, zweideutig gegeben. 
Wie die Babylonier und Aegypter in ihrer Religion nicht einen 
einzigen Gott, sondern mehrere Götter hatten, ebenso finden wir 
auch bei den Griechen viele Gottheiten. Zu Ehren derselben ver¬ 
anstalteten sie festliche Tänze und Spiele. Es pflegten sich alsdann 
alle Griechen oder nur einzelne Landschaften zu versammeln und 
ihren obersten Gott Zeus durch solche Feste zu verherrlichen. Später 
verlor sich diese Bestimmung, und die Spiele waren nichts anderes 
als Volksfeste. 
Schon Herkules hatte in der Landschaft Elis, im Peloponnes, 
woselbst ein dem Zeus geweihter Hain lag, Olympia genannt, 
Volksfeste angeordnet, aber sie waren nachher in Vergessenheit ge¬ 
kommen und erst 776 auf Anrathen des delphischen Orakels wieder 
erneuert worden. Alle 4 Jahre, im Juli, wurden sie 5 Tage lang 
gefeiert. Diesen Zeitraum nannte man eine Olympiade. Solcher 
Olympiaden bedienten sich die Griechen zu ihrer Zeitrechnung, indem
	        
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