Full text: Erzählungen aus der Geschichte des Altertums und der deutschen Geschichte (Bd. 2)

38 III. Lebensbilder aus der deutschen Geschichte. 
und Heinrich, dein Vater abtrünnig gemacht. Konrad starb freilich bald. 
Aber Heinrich nahm sogar durch Verrat den Kaiser gefangen. Es sah beinahe 
so aus, als wenn er ihn richten und töten lassen wollte. Aber es gelang 
dem Kaiser Zu fliehen. 
Die treuen Rheinstädte und der wackere Bischof Otbert von Lüttich 
erhoben sich grimmig für den Kaiser. Schon rüstete er sich, um selbst den 
treulosen, undankbaren Sohn zum Gehorsam zn zwingen; da starb er nach 
50 jähriger, friedloser Regierung. Der Kaiser war in Lüttich beigesetzt worden. 
Aber der Papst und seine Bischöfe gönnten auch dem Toten keinen Frieden. 
Der Leichuam mußte ausgegraben werden und wurde auf einer öden Insel 
in der Maas verscharrt. Ta schlug dem Kaiser Heinrich V., dem Sohn, das 
Herz. Er ließ den toten Vater ehrenvoll nach Speier holen. Dort ließ er 
ihn neben den anderen Kaisern bestatten. Und noch nicht durfte es fo bleiben. 
Der ecirg wurde wieder herausgeholt und in einem Nebenraume aufgestellt, 
bis der Kaiser Heinrich nach Rom zog und den Papst zwang, den Vater in 
Frieden ruhen zu lassen. Da hat der tote Kaiser endlich Frieden bekommen. 
Er ruht in der Königsgruft zu Speier. 
Kapitel V. Der erste Kreiijjiig. 
Im heiligen Lande glaubte man die Stelle genau zn kennen, wo der 
Heiland begraben fei und hatte eine Kapelle über dem Grab gebaut. Zu 
ihr pflegten viele Gläubige zu pilgern, um dort zu beten. Denn man stellte 
sich vor, daß ein Gebet an solcher heiligen Stätte Gott besonders lieb sei 
und er gern dafür dem Beter einen Wunsch erfüllen werde und ihn von feinen 
Sünden reinige. Jahrhundertelang waren so Tausende nach dem Morgen¬ 
lande gewallsahrtet. 
Da war aus dem inneren Asien der Türkenstamm der Seldschukkeu ge¬ 
kommen. Diese hatten ganz Vorderasien erobert und legten den Pilgern 
manche Bedrückung ans. Es kamen auch Überfälle, Räubereien, Ermordungen 
vor. Da entstand der Wunsch bei den Christen, das heilige Land von der 
Türkenherrschaft zu befreien. Nun fühlten sich für diese Ausgabe aber sowohl 
die Griechen wie die anderen Völker am Mittelmeer zu schwach. Da benutzte 
der kluge Papst Urban II. die allgemeine Stimmung und rief die Christen 
aller Länder Europas zu einem großen Zuge nach dem Morgenland aus. 
Er lag damals gerade mit Kaiser Heinrich IV. im Kamps. So kam es, 
daß dnrch diesen Aufruf au die Christenheit deu Leuten wirklich der Papst 
als der Herr der Christen erschien und nicht mehr der Kaiser. Kaiser Hein¬ 
rich wollte deshalb von diesem ganzen Zuge nichts wissen und unterstützte ihn 
nicht, doch hinderte er ihn auch nicht. 
Der griechische Kaiser jedoch war sehr für dieses Unternehmen, denn er 
glaubte den meisten Nutzen davon zu haben.
	        
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