Full text: Erzählungen aus der Geschichte des Altertums und der deutschen Geschichte (Bd. 2)

46 III. Lebensbilder aus der deutschen Geschichte. 
Flusse. Diese Burgen waren Wasserburgen. Die Ritter schlugen des Kaisers 
Schlachten. Sie waren die vornehmsten Kriegsleute. Wenn es nichts zu 
kämpfen gab, war ihnen das Leben langweilig. Im Sommer war der Friede 
noch erträglich: dann ritt der Ritter auf die Jagd. (Ritter heißt eigentlich 
Reiter), auch die Edelfrau begleitete ihren Mann häufig. Solche Jagd war 
nicht immer ungefährlich, weil es noch längere Zeit Bären gab. Aber auch 
der starke Hirsch setzte sich manchmal heftig zur Wehr. Die Frauen ritten 
am liebsten mit auf die Falkenjagd. Den abgerichteten Jagdfalken trugen sie auf 
der Hand. Flog dann hoch in der Luft ein Reiher oder irgend ein anderer 
Vogel, den man gern jagen wollte, fo ließ man den Falken steigen, der dann 
den Vogel herunterbrachte. 
Das Schönste, was sich der Ritter im Frieden denken konnte, war das 
-lurnier. Da zog er mit glänzendem Gefolge zu einem Fürsten, vielleicht zum 
Kaiser, in eine Stadt. Auf einem großen Platz, oft vor dem Tore, wurde 
das Turnier gefeiert. Das war eine Waffenübnng, die aus Einzel- und 
Mafsenkämpsen bestand. Da erprobte der Ritter seine Waffenfertigkeit. Siegte 
er, so gewann er großen Ruhm. 
Im Winter dagegen war es langweilig auf der Ritterburg. Sie 
lag dann von jedem Verkehr abgeschnitten da. Die Wege waren meist 
verschneit, so daß Besuch selten oder gar nicht kam. Man schlief dann 
lange, aß und trank tüchtig. Mit Lefen vermochte man sich nur wenig 
zu unterhalten. Denn außer dem Burgkaplan verstanden höchstens die 
Edelfrauen zu lesen. Aber außer der lateinischen Bibel hatte man kaum 
ein Buch. Mau erzählte und sang viel, auch spielte man Gesellschafts¬ 
spiele, besonders das edle Schachspiel wurde gepflegt. Jedenfalls hatte man 
viel Zeit. 
Großen Wert legte der Ritter auf die Erziehung der Edelknaben. Der 
Junge blieb nicht immer auf der elterlichen Burg, sondern kam auf die eines 
befreundeten Ritters, der den Knaben vollends ausbildete. 
Der Knappe, wie der junge Ritter genannt wurde, lernte die alten Turn¬ 
übungen, wie: Steinstoß, Wurf mit der Lanze, Sprung, Armbrustschießen 
und wurde in allen Übungen unterwiesen. Er wurde so erzogen, daß ihm 
als heilige Pflicht erschien, die Frauen zu ehren, Witwen und Waisen zu 
beschützen, feinem Herrn treu zu dienen. 
So war der Ritterberuf ein hoher, voller Ideale. Doch längst nicht 
alle Ritter sind so edel und gut geworden, wie sie es sich als Knaben 
vielleicht selbst gewünscht hatten. Viele hat ihre Kraft und Stärke später 
verführt, von ihrer Macht einen schlechten Gebrauch zu machen. Und in 
den schlimmen Zeiten nach dem Tode des armen Konradin, als in Deutsch¬ 
land kein König war, da sind viele Ritter solche geworden, die den häßlichen 
Namen „Raubritter" führen.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.