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zum Engpässe Thermopylä, der in das eigentliche Griechenland führt.
Hier, wo das Meer von der einen und das steile Ota-Gebirge von
der andern Seite nur einen schmalen Steg gelassen hat, hielt der
spartanische König Leonidas mit dreihundert Spartanern und einigen
verbündeten Truppen. Xerxes lachte, als er hörte, daß diese Handvoll
Menschen seine Millionen aufzuhalten gedächte. Er schickte Boten hin
mit der Forderung, ihm sofort die Waffen auszuliefern. „Komm
und hole sie!" war die Antwort. Es wurde den Griechen gesagt,
der Feinde seien so viele, daß ihre Pfeile die Sonne verfinstern
würden. „Desto besser," erwiderte ein Spartaner, „so werden wir
im Schatten fechten."
Xerxes wunderte sich über solche Keckheit und ließ seine Asiaten
gegen den Hohlweg losstürmen. Hier standen die Griechen, dicht
geschlossen, Mann an Mann. In der Linken hielten sie den Schild,
der sich wie eine eherne Mauer vor der Reihe herzog, von welcher
die Pfeile der Barbaren klirrend zurückflogen; mit der Rechten streckten
sie einen Wald langer Lanzen vor sich hin. Schar auf Schar stürmte
heran und suchte den Wald zu durchbrechen, aber immer wurden sie
über die Leichen der Ihrigen zurückgeworfen. Xerxes wählte die
Tapfersten seines Heeres, die unsterbliche Schar genannt; auch sie
sielen. Kein Perser mochte mehr angreifen. Xerxes sprang wiederholt
von seinem Throne und wütete und tobte und ließ seine Scharen mit
Geißeln in den Hohlweg, als in ein sicheres Grab, peitschen. Hier
wäre vielleicht schon die große Macht der Perser gebrochen worden,
hätte sich nicht unter den anwohnenden Griechen ein Verräter gefunden.
Ephialtes hieß dieser Elende, der dem persischen Feldherrn einen
Fußpfad über das Gebirge entdeckte. Die Perser folgten und über¬
stiegen heimlich die Waldhöhen. Da war alle Rettung dahin. Leonidas
sandte fast alle, die nicht Spartaner waren, zurück, auf daß sich jeder
seiner Stadt und andern Gefahren des Vaterlandes erhalte. Er selbst
opferte in seinem Königskleide den Göttern von Sparta, aß mit seinen
dreihundert Spartanern, alle bestens geschmückt, und fiel um Mitter¬
nacht in das feindliche Lager ein. Gleich wütenden Löwen brachen
sie in die Zelte der sorglos schlummernden Perser und hatten schon
Tausende von ihnen erwürgt, ehe die Barbaren, von dem Angst¬
geschrei ihrer sterbenden Gefährten aufgeschreckt, die Ankunft der
schrecklichen Griechen vernahmen. Das ganze Lager geriet jetzt in
Aufruhr, jeder suchte sein Leben durch eilige Flucht zu retten. Nur
die Mutigsten griffen zu den Waffen; allein die Dunkelheit der Nacht