\. Altdeutsche Handwerker.
(Dr. W. Arnold, Das Aufkommen des Handwerkerstandes im Mittelalter. Basel, 1861.
S. 10 — 25.)
Ir eie Handwerker gab es in der frühesten Zeit der deutschen Ge¬
schichte nicht. Die Gewerke standen in strenger Abhängigkeit und waren
meist nur dem Ackerbau und, soweit es sich um Anfertigung von Rüstun¬
gen und Waffen handelte, dem Kriege dienstbar. Die Lage der Hand¬
werker war dabei ganz die gleiche, wie die der unfreien Bauern und
Tagelöhner. An den Höfen der Könige und Bischöfe arbeiteten sie nur
für den Herrn oder für wen es der Herr gestattete; sie erhielten keinen
andern Lohn, als Obdach, Kleider und Kost oder ein Stück Land zu
eigener Bewirtschaftung; sie waren dem Rechte unterworfen, welches der
Herr für feine Höfe gab und das daher den Namen Hofrecht hatte.
Erst die Städte bewirkten eine Änderung dieser drückenden Verhält¬
nisse. Indem sie einen neuen Boden schufen, der vorzugsweise für Handel,
Verkehr und Gewerbe bestimmt war, riefen sie eine neue Entwickelung
hervor, die mit der Zeit das Handwerk von der Herrschaft des Grund¬
eigentums befreite.
Zunächst freilich setzte sich das frühere Verhältnis auch in den Städten
fort. Die ältesten Städte waren ja nichts anderes, als große Höse des
Königs und der Bischöfe; nur in manchen bischöflichen gab es daneben von
Anfang an freie Gemeinden; die Hauptmasse der Einwohner dagegen bestand
überall aus hörigen Bauern und Handwerkern, die aus dem Grundeigen¬
tum ihrer Herren saßen. Recht anschaulich erkeuueu wir diese patriarcha¬
lischen Zustände aus dem Wormser Hos- und Dienstrecht, das in den
Anfang des 11. Jahrhunderts gehört und die früheste Urkunde ist, die wir
über die Verfassung einer Stadt haben. Hier ist noch nichts von einer eigent¬
lichen städtischen Entwickelung zu sehen: kaum daß wir die drei Stände:
Dienstmannen, Altbürger und Handwerker, schon als solche unterscheiden
können; die Handwerker werden gar nicht einmal besonders erwähnt, son¬
dern verschwinden unter den unfreien Knechten; Innungen kommen zwar
vor, allein in vollkommener Abhängigkeit, alles deutet daraus, daß in der
Stadt mehr Acker- und Weinbau, als Handel und Gewerbe getrieben wird.
Nur in dem erhöhten Rechtsschutze, den der Stadtfrieden gewährt und
welcher alle Selbsthilfe innerhalb der Ringmauern ausschließt, finden wir
die Anfänge einer besondern städtischen Verfassung. Auch das Augsburger
Richter, Bilder a. d. dtsch. Kulturgesch. II. 1