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19. Reformationskämpse in Niedersachsen.
gehen des Braunschweiger Herzogs wurde der Markgraf völlig
geschlagen und mußte fliehen. Der verwundete Kurfürst starb nach
zwei Tagen. Seine Eingeweide begrub man unter dem Taufsteine
der Kirche zu Sievershausen, seine Leiche ward nach Freibera in
Sachsen gebracht1)
5. Endlicher Friede. Nachdem Herzog Heinrich der Jüngere
den Markgrafen noch einmal bei Steterburg iu der Nähe von
Braunschweig geschlagen, gelang es ihm auch, endlich die Stadt
Braunschweig zu erobern. Die Stadt gelobte Gehorsam, und der
Herzog gewährte ihr freie Religionsübung. So fanden die lang¬
wierigen Religionskampfe in Niedersachsen, die durch den Streit
Heinrichs d. I. mit Braunschweig zum Ausbruch gekommen waren,
durch die Aussöhnung des Herzogs mit dieser Stadt ihren Abschluß.
Der Augsburger Religioussriede vom Jahre 1555, in dem die
Augsburgischen Konfefsionsverwandten als berechtigte Religions¬
gesellschaft anerkannt wurden, legte endlich die langjährigen Reliaions-
streitigkeiten vorläufig bei.
20. ILedeutung der Aeformation für
Wedersachsen.
1. Die konfessionelle Einheit. Trotz der Gespaltenheit des
Landes und trotz der zeitlichen Verschiedenheit bei der Einführung der
Reformation verlief diese innerlich insofern gleichartig, als fast ganz
Niedersachsen vom Geiste Luthers erfaßt wurde. „Trotz der
politischen Zersplitterung ein konfessionell einheitliches
Land. Welche merkwürdige Erscheinung! Der Sachsenstamm,
welcher seit Heinrich I. bis zu den Tagen Heinrichs des
Löwen ethnographisch und politisch eine kompakte Einheit dargestellt,
sie in den Schicksalen Deutschlands jahrhundertelang schwer in die
Wagschale geworfen, dann aber durch die Schuld seines Herzogs
sie verloren hatte, dieser Stamm der zähen Ausdauer, er hat sich
auf dem Gebiete des religiösen Lebens seine Einheit gewahrt, indem
er geschlossen der deutschen Reformation Luthers zufiel; ihr konser¬
vativ-kirchlicher Geist war den Niedersachsen kongenial und ist es
geblieben bis zur Gegenwart." (Tschackert).
2. Die Landeskirchen und die fürstliche Gewalt. Durch die
Reformation sind in Niedersachsen die evangelischen Landes¬
kirchen begründet worden, und da die ganze folgende Kirchengeschichte
unseres Landes sich auf diesem Boden weiter bewegt, so sind es seit
*) Am 9. Juli 1853, dem 300. Gedenktage der Schlacht von Sievers¬
hausen, hat man dem Kurfürsten aus dem Schlachtfelde ein Denkmal errichtet.