Full text: Im alten Reich ([Teil 1])

dämmerung reitet der General Derfflinger mit wenig Dragonern an die Zug¬ 
brücke, läßt einen größeren Laufen hinter sich herreiten, als wenn sie ihn ver¬ 
folgten, und schreit auf schwedisch der Wache zu: „Schnell die Zugbrückerunter, 
ich bin schwedischer Rittmeister, und die Brandenburger sind hinter mir." Die 
Wache will erst nicht, aber Derfflinger fängt an zu fluchen: „Ihr werdet alle 
aufgehängt, wenn ihr mich umkommen laßt, ich übernehme alle Verantwortung." 
Da rasselt die Brücke herunter. And im Nu sind die Dragoner drüben, die 
Wache merkt, was los ist, greift sie an, wird niedergemacht, die Schwadron 
kommt hinterher. Die Stadt ist überrumpelt. Auf Kähnen sind andere Massen 
der Brandenburger herangekommen, die Tore werden geöffnet, in einer Stunde 
war der Kampf vorüber. Was von Schweden nicht gefallen war, das war 
gefangen genommen. Es war der erste Sieg, den die Brandenburger ganz 
allein erfochten hatten. Aber ein viel schönerer noch kam hinterher. Da hat 
Friedrich Wilhelm am 18. Juni 1675 in der Schlacht bei Fehrbellin die 
schwedische Hauptmacht, die doppelt so groß war wie sein eignes Leer, an¬ 
gegriffen. Der Prinz Friedrich von Lomburg hat zuerst bei dem Dorfe Linum 
die schwedische Armee samt Fußsoldaten und Kanonen bloß durch seine Reiter- 
scharen so lange festgehalten, immer wieder gepackt und zerhauen, bis die 
brandenburgische Hauptmacht heran war und alles zu Ende bringen konnte. 
Der Kurfürst war immer mitten im heißesten Reiterkampf und im dichtesten 
Kugelregen. Sein treuer Stallmeister Froben wurde dicht an seiner Seite er¬ 
schossen. Man sagt, er hätte sich noch gerade auf den Schimmel des Kurfürsten 
gesetzt, weil er gesehen hatte, daß die Schweden immer gerade auf diesen 
Schimmel zielten, und so habe er seinem Äerrn durch seinen Tod das Leben 
gerettet. Das mag wahr sein oder nicht, es hätte schon geschehen können, 
denn so hingen die Brandenburger an ihrem herrlichen Landesherrn, und so 
opfermutig gingen sie für ihn in Kampf und Tod. Die Schweden aber wurden 
völlig geschlagen, und der Kurfürst jagte ihnen nach durchs ganze Land, ja 
durch Pommern und Preußen. Es dauerte ein Jahr, da hatte er das Land 
so gesäubert, daß er anfangen konnte, Stettin zu belagern. Von August bis 
Dezember hat er die tapfere Stadt beschossen, da mußte sie sich auf Gnade 
oder Angnade ergeben. Dann ist er auf 350 Schiffen von Peenemünde nach 
Rügen hinübergefahren, ist bei Putbus gelandet und hat die Schweden aus 
der Insel vertrieben. Stralsund hat er erobert, das Wallenstein einst nicht 
kriegen konnte, Greifswald hat er eingenommen. And wie die Schweden sich 
endlich ins äußerste Ostpreußen gezogen haben, da ist er ihnen mitten im harten
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.