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Rang eines römischen Ritters. Jetzt dachte er gar klug, niemand sei
leichter zu überwältigen, als wer nichts fürchte, und nichts sei öfter der
Anfang des Unglückes gewesen als Sorglosigkeit und das Gefühl der
Sicherheit. Zuerst weihte er wenige, dann mehrere als Genossen in
seine Pläne ein. Daß es möglich sei, die Römer zu besiegen, behauptete
er mit Zuversicht, überzeugte davon auch seine Gefährten, und er be¬
stimmte eine Zeit zum Überfall. Das wurde Varus durch einen Che¬
rusker, namens Segest, angezeigt. Aber das Auge des Varus blieb
geblendet.
Einen offenen Aufstand wagten die Germanen nicht, weil sie mein¬
ten, die Zahl der Römer, die am Rheine und im Innern des Landes
standen, sei zu groß. Sie nahmen vielmehr den Varus so auf, als ob sie
allen seinen Forderungen sich fügen wollten, und lockten ihn vom Rheine
weiter in das Land der Cherusker und bis zur Weser. Auch hier lebten
sie mit ihm in Frieden und Freundschaft und ließen ihn glauben, daß
sie auch ohne die römischen Waffen den Befehlen der Römer gehorchen
würden. So geschah es, daß Varus nicht, wie er in Feindesland hätte
tun sollen, seine Truppen zusammenhielt, sondern viele seiner Leute
nach verschiedenen Seiten hinsandte, sei es, um gewisse Plätze zu be¬
schützen, sei es, um Räuber aufzugreifen oder Transporte von Lebens¬
mitteln zu decken.
Die vornehmsten Verschworenen, die später auch im Kriege die An¬
führung übernahmen, waren Armin und Segimer, die beide stets
um Varus waren und oft an seiner Tafel aßen. Während nun Varus
ganz zuversichtlich war und sich keines Argen versah, vielmehr alle, die
ihn zur Vorsicht mahnten, wegen allzugroßer Ängstlichkeit schalt, em¬
pörten sich zuerst der Verabredung gemäß etliche entferntere Stämme.
Sie wollten dadurch den Varus, wenn er gegen die Empörer zöge,
in eine Falle locken und ihn verhindern, Vorsichtsmaßregeln zu treffen,
wenn sie sich alle zugleich empörten. So geschah es denn auch. Als
Varus aufbrach, begleiteten sie ihn eine Strecke; dann aber blieben sie
zurück, angeblich um Bundesgenossen zu werben und sie ihm zuzu¬
führen. Nachdem sie die Hilfsmacht, die schon an einem bestimmten
Platze bereit stand, an sich gezogen hatten, rückten sie gegen Varus vor
und zeigten sich nun nicht als Untertanen oder Bundesgenossen, son¬
dern als Feinde.
Die Gebirge, in denen sich Varus jetzt befand, waren schluchten¬
reich und zerklüftet, die Waldungen undurchdringlich dicht und voll
gewaltiger Stämme, so daß die Römer schon vor dem Erscheinen der
Feinde mit dem Fällen der Bäume, dem Wegebahnen und dem Schlagen
von Brücken volle Arbeit hatten. Die Römer führten auch wie im
Frieden viele Wagen und Lasttiere mit sich, und Kinder, Weiber und
Diener folgten ihnen, so daß schon dadurch wenig Ordnung in dem
Zuge war. Dazu kam, um sie noch mehr auseinander zu bringen, Regen