Full text: Hilfsbuch für den Unterricht in der Deutschen Geschichte

136 Fünfter Zeitraum. Von dem Ende d. ftauf. Kaiser bis z. Beginn d. Reformation. 
die Bildner ei und die Malerei aufzuweisen; ihre Hauptsitze waren Köln 
und Nüruberg. Zu derselben Zeit, wo in Italien der Fürst der Maler, Rafael, 
feine herrlichen Madonnen schuf, wirkte der größte Künstler, den Deutschland 
hervorgebracht hat, Albrecht Dürer ans Nüruberg (1471—1528), als Maler 
und Bildhauer, Kupferstecher und Holzschnitzer. 
In der Dichtkunst trat an die Stelle des Minnegefangs der Ritter der 
Meistergesang der Bürger, welcher in zunftmäßig eingerichteten Singfchulen 
gepflegt wurde. Seine Stoffe nahm er meist aus der Heiligen Schrift und der 
Heiligenlegende. Einen Blick in das fröhliche Treiben der Zeit eröffnet uns das 
Volkslied, zu dem alle Gesellschaftsklassen ihren Teil beisteuerten. Die vielen 
Mißstände auf kirchlichem, staatlichem und gesellschaftlichem Gebiet wurden in 
derben Lehrgedichten, wie Sebastian Brants Narrenfchiff (1494), ge¬ 
geißelt. Als neue Gattung der Poesie erscheint das Drama, und zwar in zwei 
Gestalten: als Darstellung biblischer Vorgänge (Mysterien) und als Fastnachtsspiel. 
e) Kirchliche Mißstände am Ende des Mittelalters. Im Laufe der 
Zeit hatte die Verweltlichung der Kirche riesige Fortschritte gemacht, und 
es waren so zahlreiche Mißbräuche und Schäden eingerissen, daß die Un¬ 
zufriedenheit mit den kirchlichen Zuständen immer weitere Kreise ergriff. Anlaß 
zn Klagen und heftigen Angriffen boten namentlich: die übertriebenen Geld- 
sortierungen des römischen Hofes für Verleihung kirchlicher Würden, das 
habsüchtige Streben der Geistlichkeit, ihren Grundbesitz (Vs des gesamten 
Grundes und Bodens) immer mehr zu erweitern, die fast ausschließliche B e- 
setzung der hohen geistlichen Ämter mit Adeligen, die Verleihung mehrerer 
Pfründen (Bistümer u. s. tr.) an dieselbe Person, die Unwissenheit und 
Sittenlosigkeit zahlreicher Weltgeistlichen und Ordensmitglieder, die Ver¬ 
nachlässigung der Seelsorge, der gewinnsüchtige Mißbrauch des 
Ablasses, d.h. des an die Verrichtung guter Werke (Beten, Fasten, Almosen¬ 
geben) geknüpften Nachlasses zeitlicher Sündenstrafen. 
Die großen Reform-Konzilien von Konstanz und Basel brachten feine Ab¬ 
hilfe; auch die vielen deutschen Synoden übten feine nachhaltige Wirkung aus. 
Die Folge war eine tiefe Erschütterung des Ansehens der Kirche. Schon standen 
auch deutsche Männer auf, welche im Anschluß an Hus die sachlichen Lehren 
angriffen und so den Reformatoren des 16. Jahrhunderts die Wege ebneten. 
Besonders wurde von ihnen der Satz verfochten, daß die Bibel, welche feit 
der Erfindung der Buchdruckerfunft in zahlreichen Übersetzungen unter dem Volke 
verbreitet war, die alleinige Glaubensquelle fei. 
f) Schlußergebnis. Ungeachtet der Blüte des Ackerbaues, der Gewerbe, 
des Handels, der Wissenschaften und Künste war in Deutschland am Ende des 
Mittelalters eine Menge Brandstoff angehäuft, dessen bevorstehende Entzündung 
die Gemüter mit bangen Ahnungen erfüllte. Unzufrieden waren die Ritter 
mit ihrer politischen Stellung, die Bauern und die besitzlosen Bürger in 
den Städten mit ihrer wirtschaftlichen Lage, die ganze Nation mit den kirch¬ 
lichen Zuständen.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.