Full text: Grundzüge der Geschichte des Mittelalters (Teil 2)

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Mit besonders großem Grundbesitz ausgestattet, nahm er an 
der regelmäßigen Ackerverlosung nicht teil; aber er hatte An¬ 
teil an der Kriegsbeute, sowie an den im Landesding verhängten 
Bußen (das später s. g. Friedensgeld, fredus) und empfing von 
jedem bei dem regelmäßigen Ding im Frühjahr eine freiwillige, 
jedoch herkömmliche Gabe. 
10. Wohl mehr ein thatsächlicher Vorzug ihrer Stellung 
als ein Vorrecht der Könige, aber auch der Herzöge und Fürsten, 
war es, sich mit einer Gefolgschaft freier, wehrhafter Männer, 
erprobter Krieger oder auch junger Leute, besonders adeliger 
Geburt, zu umgeben. Das Gesolgeverhältnis beruhte auf einem 
auf Zeit oder Lebensdauer geschlossenen Dienstvertrage zwischen 
Herrn und Mann, der den Herrn zu Schutz, Unterhalt uud 
kriegerischer Ausrüstung des Mannes, diesen zu völliger persön¬ 
licher Hingabe in den Dienst des Herrn verpflichtete. Innerhalb 
der Gefolgschaft bestanden Rangunterschiede, welche jener nach 
seinem Ermessen bestimmte. Im Frieden das Ehrengeleite und 
der Stolz seines Herrn, dem es Ansehen und Einfluß auch bei 
benachbarten Völkerschaften verlieh, bildete das berittene Gefolge 
im Kampfe ferne Leibwache, die ohne ihn nicht aus demselben 
zurückkehrte. So ist die germanische Gefolgfchaft die Pflanzschule 
kriegerischen Heldentums und mit der Zeit auch staatsmännischer 
Tüchtigkeit geworden^). 
4. Die Heeresverfaffung. 
1. Die germanische Heeresversassuug beruhte auf der Wehr¬ 
pflicht aller waffenfähigen Männer: das Heer war das Volk 
in Waffen, der Krieg nationaler Götterdienst, der Waffen¬ 
dienst ebenso Recht wie Pflicht eines jeden Freien nach 
feiner Wehrhaftmachung im Landesding. Wer nicht Gefolgs¬ 
mann war, mußte feine Ausrüstung selbst beschaffen, und so 
lange das Heer nicht in Feindes Land stand, auch für feinen 
Unterhalt aufkommen. 
2. Die Stärke des Heeres lag im Fußvolk, das sich wie 
das Volk nach Hundertschaften, eine jede unter Führung ihres 
Fürsten, gliederte; jede Hundertschaft ordnete sich nach Sipp¬ 
schaften. Die Aufstellung des Heeres erfolgte in Form eines 
') Die lebensvolle Darstellung, die Tacitus (G. 13 und 14) von dem 
Gesolgswesen entwirft, wird insbesondere ergänzt durch das aus nordischen 
Sagen im 8. Jahrh, entstandene angelsächsische Heldengedicht „Beowuls".
	        
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