Full text: Kurzer Lehrgang der Alten Geschichte

§ 8. Politische Geschichte der Babylonier und Assyrer. 1Z 
Nach den sagenhaften Berichten griechischer Geschichtschreiber gründeten Ninus 
und seine Gemahlin Semirämis die Stadt Ninive und richteten durch sieg¬ 
reiche Heereszüge bis nach Indien eine große assyrische Herrschaft auf. Doch 
kennen die Keilschriftquellen keinen dieser beiden Namen. Als Reichshauptstadt 
kam Ninive erst seit Salmanassar I. (um 1300) empor, welcher durch seine Waffen- 
thaten dem assyrischen Volke das Übergewicht über die Babylonier verschafft hat. 
a) Blüte des Reiches (750—640). Etwa seit dem Jahre 750 weist 
die assyrische Geschichte eine Reihe ruhmreicher Großkönige auf, welche im 
Lause eines Jahrhunderts alle Völker Vorderasiens unter ihre despotische Herr¬ 
schaft beugten (vgl. Abs. 3, S. 10). Auch Babylonien und Ägypten wurden 
ihnen vorübergehend Unterthan. 
Unter den Königen dieser Zeit ragen hervor Tigletpileser III. (oder Phnl) 
seit 745, Salmanassar IV. (welcher seit 725 Samaria belagerte) und Sargon 
(welcher 722 nach der Einnahme von Samaria das Königreich Israel vernichtete); 
ferner Senacherib (der 689 Babylon zerstörte) und sein Sohn Asarhaddon^ 
der noch Ägypten unterwarf, aber Babylon wieder aufbaute. Ihm und feinem 
Nachfolger Affurbampal oder Sardanäpal (668—626) huldigten 22 Könige, deren 
Liste uns eine Keilinschrift erhalten hat. 
b) Zerfall des Reiches (640—606). Den Anstoß zum Verfall des 
Reiches gab der Einbruch des nomadischen Scythenvolkes, das viele 
Jahre lang die Länder Vorderasiens mit Raub und Verwüstung heimsuchte. 
Unter: diesen Wirren schüttelten die besten Provinzen das widerwillig getragene 
^5°ch ab. Im Osten entstand das Königreich Medien, im westlichen Klein- 
asien das Königreich Lydien: Syrien und Palästina kamen an Ägypten, 
zuletzt fiel auch Babylonien wieder ab (Thronbesteigung Nabopolassars 625), 
Den vereinten Angriffen des Mederkönigs Cyaxäres und des babylo¬ 
nischen Königs Nabopolasfar erlag 606 der letzte assyrische König Sarakos (in 
der Sage noch Sardanäpal geheißen). Die stolze Hauptstadt, von Grund 
aus zerstört, wurde zur „Ode, zum Lager für die Tiere der Wüste". 
Seit ^ 1843 hat man (bei Chorsabäd und Mosul) die Burg Sargons und 
andere Überreste des alten Ninive ausgegraben; dabei wurden staunenswerte 
Schätze assyrischer Kunst zu Tage gefördert. 
3. Das Weubabykonische Weich 606—539. Mit der Zertrümmerung 
des Assyrischen Reiches trat Babylonien zum zweitenmal in die Stellung 
einer asiatischen Vormacht ein. Nabopolassar, den: alle Lander westlich vom 
Tigris zugefallen waren, starb schon im folgenden Jahre. Sein Sohn Nebu- 
kadrezar (auch Nebukadnezar oder Nabuchodonossor geheißen) hatte sich das 
Erbe eben durch einen Sieg über die Ägypter gesichert (Schlacht bei Karchemis 
in Syrien 605). 
a) Nebukadrezar (605—562) zählt zu den größten unter den alten 
Herrschern des Orients. Er brachte sein Reich nicht bloß durch Kriegsthaten, 
sondern, auch durch ruhmwürdige Friedenswerke zu hoher Macht und Blüte. 
Mit Strenge unterdrückte er wiederholte Empörungen der Vasallenstaaten in 
Syrien, Phönicien und Judäa, welche mit ägyptischer Hilfe das babylonische Joch
	        
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