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VI. Die Republik Frankreich.
fehlen. Schon öfter haben die Bahnarbeiter und Bahnbeamten die Arbeit ein¬
gestellt; dann stockte der Verkehr. Das bringt ungeheure Nachteile fürs Land.
Im allgemeinen ist der Bahnverkehr in Frankreich nicht so lebhaft wie in Deutsch¬
land. Frankreich hat eben weniger Bewohner und weniger Massenindustrien.
Der Postverkehr ist gleichfalls geringer.
Ehemals hatte Frankreich eine bedeutende Handelsflotte; war es doch
vor 1700 die größte Handelsmacht Europas. Da es von drei Seiten von Meeren
umgeben ist, so bietet es der Schiffahrt auch günstige Verhältnisse. Es liegt
am Mittelmeer wie am Atlantischen Ozean und besitzt eine große Zahl von
Häfen. Es hat sogar viel Geld aufgewandt, um einzelne Häfen wesentlich zu
verbessern, wie z. B. Le Havre, Cherbourg u. a. Bei Cherbourg hat man z. B.
aus Granitsteinen einen Steindamm aufgeführt, der 4000 m sich ins Meer
hinaus erstreckt und die tosenden Wellen bricht. Die westlichen und nördlichen
Küsten leiden öfter unter den heftigen Stürmen. Unaufhörlich nagen die Wellen
an der steilen Kreideküste. Hier sind zahllose Klippen, die dem Schisser bei Sturm
Tod und Verderben drohen. An der schmalen Bucht von St. Malo steigen die
Fluten bis zu 12—-16 m Höhe. Frankreichs Seeküste ist fast so lang wie seine
Landgrenze.
Aber nicht die ganze Seeküste ist der Schiffahrt günstig. Am Mittelmeere
ist die Küstenstrecke östlich von der Rhone am vorteilhaftesten. Hier befindet
sich auch die große Hafenstadt Marseille und weiter östlich der Kriegshafen Toulon.
Die westliche Hälfte der Mittelmeerküste besteht aus Dünen und Strandseen
und ist noch dazu der Versandung sehr ausgesetzt. Darum finden wir hier keine
bedeutenden Häfen. Ehemalige Häfen liegen jetzt im Lande, da die Küste wächst
und fort und fort mehr versandet.
Die Küste des Landes eignet sich gleichfalls nicht zur Schiffahrt, da sie
aus Dünen besteht und versandet. Hier findet sich darum auch kein Hafen. Nur
im Mündungstrichter der Garonne ist Bordeaux als Seestadt emporgeblüht.
An der nördlichen Hälfte ist auch nur im Mündungstrichter der Loire Nantes
als große Hafenstadt entstanden und St. Nazaire als Vorhafen. Dazwischen
gibt es an der buchtenreichen Flachküste nur noch ein paar kleinere Hafenstädte,
die steile Granitküste der Bretagne hat vortreffliche Einbuchtungen, an welchen
gute Häfen angelegt worden sind. An der Spitze der Halbinsel ist Brest als
Kriegshafen ausgebaut worden. Sein Zugang ist eng und kann gut verteidigt
werden; sein innerer Hafen aber bietet Raum für große Flotten. Zum Handels¬
hafen taugt Brest nicht; denn es ist zu abgelegen, und ihm fehlt ein schiffbarer
Fluß, der tief ins Land führt. Deshalb haben auch die übrigen Häfen der Bre¬
tagne keine große Bedeutung. An der Nordspitze der Normandie ist Cher¬
bourg als Kriegshafen ausgebaut worden. Cherbourg ist aber den heftigen
Stürmen des Kanals ausgesetzt. Darum mußte eine lange Mole aus Granit¬
steinen aufgeführt werden, welche als Wellenbrecher dient und den Schiffen
im Hafen Schutz gewährt. Um Platz zu gewinnen, sprengte man den Granit¬
fels weithin weg und machte den Raum zum Hafen. An der Seinenründung
find Le Havre und Rouen als Häfen aufgeblüht. Bei Cherbourg beginnt die
Kreideküste, die steil bis zu 100 m ansteigt. Östlich von Le Havre liegt der Kriegs¬
hafen Dieppe. An der engsten Stelle des Ärmelmeers, an der Straße von
Kalais sind Boulogne, Kalais und Dünkirchen die wichtigsten Häfen. Boulogne
ist Frankreichs erster Fischereihafen. In Kalais schiffen sich namentlich die Per¬
sonen ein, welche nach England überfahren. Dünkirchen an der Dünenkühe
hat zumeist Güterverkehr.