Neuntes Mapitei.
Kaiser und H^apst.
Jahre 1232, als Kaiser Friedrich unb Papst Gre¬
gor IX. in Frieben mit einanber lebten, schrieb ber erstere:
„die Kirche ist innerlich gesährbet bnrch bie Verberbtheit der
geistlichen Brüder und gewisse heimliche Laster, äußerlich aber
ist sie zerfleischt durch die Angriffe tollkühner Rebellen. Ein
Heilmittel giebt es, aber ans zwei Theilen bestehend: die
Herrschaft des priesterlichen Amtes und die Macht des kaiser¬
lichen Schwertes • beide haben göttlichen Ursprung, können
nur durch den V lust unsers gemeinsamen Glaubens vertilgt
werden. Freilich sind es zwei Schwerter, aber ein unb die-
selbe Mutter ist bie Erzeugerin, die Scheibe für beibe, welche
bie beiden so innerlich mit einander verbunden hat, daß keines
ohne Schaden von dem andern zu trennen ist. Wir glauben
und bekennen vor aller Welt, daß wir beide gleich bem Vater
unb bem Sohne eins sinb." Dieses Schreiben entwirft ein
Bilb bes Verhältnisses ber betten obersten Gewalten zu ein¬
anber, wie es vor ber Seele ber ebelsten Geister bes Mittel¬
alters gestanben hat, in Wirklichkeit haben Kaiser unb Papst
selten ober nie bieses Jreal erreicht. Die Geschichte berichtet,
baß eine gemeinschaftliche, dauernde Wirksamkeit des geistlichen
und des weltlichen Schwertes für die Zwecke der abendländi¬
schen Menschheit die Ausnahme von der Regel war; die eine
Macht greift in das Gebiet der anderen über; weil die hohe
Geistlichkeit, der Papst an der Spitze, zugleich weltlichen Be-