Full text: Die deutsche Urzeit (Teil 1)

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noch so bei allen den Vergehen, die nur auf den Antrag des 
Verletzten verfolgt werden. „Gewisse strafbare Handlungen, wie 
Ehrenkränkungen und leichte Körperverletzungen, in engen Grenzen selbst Dieb¬ 
stähle und Unterschlagungen, beeinträchtigen das allgemeine Interesse und das 
öffentliche Wesen nur in geringem Maße und sind vorwiegend Verletzungen 
des Privaten. Einige andre Handlungen können nicht vor das Strafgericht 
gezogen werden, ohne daß dadurch die Würde und Weihe der Familie zerstört 
wird. So der Familiendiebstahl. Der Staat geht daher gegen solche Hand¬ 
lungen nicht von Amts wegen vor, sondern wartet den Antrag des Verletzten 
ab." (Berner, Lehrbuch des Deutschen Strasrechtes, 12. Aufl., S. 324.) 
Dahin gehören z. B. die §§ 102, 103, 104, 123 Abs. 1 (einfacher Haus¬ 
friedensbruch), 194—196 (Beleidigung), 232, 247 (Diebstahl und Unter¬ 
schlagung gegen Angehörige, Vormünder, Erzieher, Lehrherren, auch Haus¬ 
diebstahl und Hausunterschlagung), 263, 288, 289, 292, 299, 300, 301 bis 
302, 303, 370 Nr. 5 und 6. —- Dagegen werden alle Verbrechen auch 
ohne Antrag des Verletzten verfolgt. 
b. Die Erhebung der Anklage ist Ausgabe der Staatsanwaltschaft. Straf¬ 
prozeßordnung. 
«. Öffentliche Klage. 
§ 151. »Die Eröffnung einer gerichtlichen Untersuchung ist durch 
die Erhebung einer Klage bedingt." 
_§ 152. „Zur Erhebung der öffentlichen Klage ist die 
Staatsanwaltschaft berufen. 
Dieselbe ist, soweit nicht gesetzlich ein andres bestimmt ist, ver- 
pslichtet, wegen aller gerichtlich strafbaren und verfolg¬ 
baren Handlungen einzuschreiten, sofern zureichende tatsächliche 
Anhaltspunkte vorliegen." 
ß. Vorbereitung der öffentlichen Klage. 
§ 156. „Anzeigen strafbarer Handlungen oder Anträge auf Straf¬ 
verfolgung können bei der Staatsanwaltschaft, den Behörden und Be¬ 
amten des Polizei- und Sicherheitsdienstes und den Amtsgerichten mündlich 
oder schriftlich angebracht werden. Die mündliche Anzeige ist zu be¬ 
urkunden." 
§ 158. „Sobald die Staatsanwaltschaft durch eine Anzeige oder auf 
anderrn Wege von dem Verdachte einer strafbaren Handlung Kenntnis 
erhält, hat sie behuss ihrer Entschließung darüber, ob die öffentliche 
Klage zu erheben sei, den Sachverhalt zu erforschen. 
Die Staatsanwaltschaft hat nicht bloß die zur Belastung, sondern 
auch die zur Entlastung dienenden Umstände zn ermitteln und für Erhebung 
derjenigen Beweise Sorge zu tragen, deren Verlust zu besorgen steht." 
§ 159. „Zu den im vorstehenden Paragraphen bezeichneten Zwecke 
kann die Staatsanwaltschaft von allen öffentlichen Behörden Auskunft 
verlangen und Ermittelungen jeder Art, mit Ausschluß eidlicher Ver¬ 
nehmungen, entweder selbst vornehmen oder durch die Behörden und 
Beamten des Polizei- und Sicherheitsdienstes vornehmen lassen. Die 
Behörden und Beamten des Polizei- und Sicherheitsdienstes sind ver¬ 
pflichtet, dem Ersuchen oder Aufträge der Staatsanwaltschaft zu genügen." 
§ 160. „Erachtet die Staatsanwaltschaft die Vornahme einer richter¬ 
lichen Untersuchungshandlung für erforderlich, so stellt sie ihre Anträge
	        
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