Janssen: Der schmalkaldische Krieg in Niederdeutschland. 39
Streitmassen nach Wien rücken, um Karl und dessen Bruder ins Herz
zu treffen.
Bevor diese Meldung ankam, hatten die kaiserlichen Waffen in Nieder-
sachsen eine recht empfindliche Einbuße erlitten. Christoph von Wrisberg
und Herzog Erich von Brauuschweig-Kaleuberg, welche Bremen belager¬
ten, waren beim Heranrücken eines starken feindlichen Heeres genötigt
worden, die Belagerung aufzuheben. Die Truppen des Grafen Christoph
von Oldenburg und Albrecht von Mansfeld hatten sich mit dem kur¬
sächsischen General Wilhelm von Tumshirn, der nach der Niederlage
Johann Friedrichs sich mit seinem Haufen aus Böhmen nach Nieder¬
sachsen durchgeschlagen, vereinigt und waren um Mitte Mai in das
Braunschweigische eingerückt, um zu braudschatzen und dann die Weser
abwärts nach Bremen vorzurücken. Am 23. Mai wurde Erich auf dem
Rückzüge in der Gegend von Drakenburg überfallen und, ehe ihm sein
Mitfeldherr zu Hilfe kommen konnte, gänzlich geschlagen. Vierthalb
tausend Tote bedeckten das Schlachtfeld, dritthalb tausend Gefangene,
die Rüstwagen und alles Geschütz fielen in die Hände der Sieger. Phi¬
lipp von Hessen ermutigte am 6. Juni die Feldherren des niedersächsischen
Buudes: „Frankreich hat zu uns geschickt und erbeut sich mit Reitern,
Knechten und Geld uns zu helfen."
Aber nachdem die Nachricht von der Wittenberger Kapitulation ein¬
getroffen, zerstreute sich das Kriegsvolk des Bundes, und die Mitglieder
desselben unterwarfen sich nach und nach dem Kaiser. Hamburg insbe¬
sondere wurde „tief entmutigt," indem dort seit Pfingsten die Pest herrschte
und an einem Tage oft siebzig bis achtzig Einwohner hinwegraffte.
Die Stadt erhielt nach üblichem Fußfall gegen eine angemessene Geld¬
buße die Gnade des Kaisers. Lübeck zahlte die Summe von zweihundert¬
tausend Gulden.
Nur Magdeburg blieb hartnäckig im Widerstand uud wollte sich
dem Kurfürsten Moritz nicht ergeben. Der Kaiser war anfangs gesonnen,
die Stadt zu belagern und in seine Gewalt zu bringen, aber in unglück¬
licher Stunde änderte er seinen Plan und ließ sie nnbezwnngen im
Rücken. Die Furcht vor dem ihm bekannt gewordenen französischen
Umtriebe mit Hessen und der Schweiz und vor den französischen Kriegs¬
werbungen bestimmte ihn, nach Oberdeutschland zu ziehen. Von Witten¬
berg aufbrechend, hielt er am 10. Juni feinen Einzug in Halle. Von
dort schickte er Truppen nach Naumburg zur Einsetzung des rechtmäßigen
Bischofs Julius Pflug in das ihm gewaltsam entzogene Bistum. Vor
allem handelte es sich nunmehr um die Unterwerfung des Landgrafen
von Hessin.
Seit seiner Rückkehr aus dem verunglückten Feldzug an der Donau
befand sich Philipp „in fast verzweifelter Lage." „Jedermann", schrieb