— 119 -
beschieden, der übt sich unter Wodans Leitung als einherischer
Held täglich auf die letzte, schwerste Schlacht: die am Ende der
Tage einbrechende Götterdämmerung.
Um die Erde her windet sich die Midgardschlange (das
Meer), und im fernen Norden lauert der Fenriswolf, zwei
Schreckenskinder des entarteten Loki, die immer größer werden,
je entsetzlicher unter den Menschen Mord und Meineid wüten.
Anletzt sprengen sie die Fesseln, in welche Donar sie geschlagen.
Da rasen sie heran; die aufgerissenen Kiefer reichen vom Boden
bis zum Himmelsgewölbe. Im strahlenden Goldhelm reitet nun
Wodan über den Regenbogen an der Spitze der kampfgerüfteten
Götter und Einherier auf die Ebene Wigrid in die fürchter¬
liche Schlacht. Alle Götter kommen um, die Sterne fallen vom
Himmel, Flammen verzehren die Erde.
Nach langer Zeit wird dann aus dem Meer in ewig grü¬
nender Schönheit eine neue Welt emporsteigen; neue, friedliche
Götter werden sie segnen, neue Menschen sie bewo.huLU..-lchuL-
Snndenschuld und Tod.
3. D ie erste» Römer kämpfe.
Während in Rom die Revolution begann, betraten die
ersten Germanenstämme den Schauplatz der Geschichte: die Kim¬
bern und Teutonen, die in dem heutigen Jütland, Schleswig-
Holstein und Mecklenburg saßen. Sie hatten aus dem Jäger-
lind Nomadenleben sich bereits zu Ackerbau und festem Grund¬
besitz emporgearbeitet, als sie vermutlich durch ungeheure Spring¬
fluten fortgetrieben wurden. Durch die endlosen Wälder und
Sümpfe, welche damals unser Vaterland bedeckten, zogen sie
südwärts, um neue Äcker zu suchen. Frauen und Kinder fuhren
auf Wagen, die zugleich den dürftigen Hausrat bargen; nebenher
schritten die Herden, ihr kostbarster Besitz.
Die Römer erkannten in der heranziehenden Völkerwolke ge¬
fährliche Feinde und suchten sie durch Gewalt oder Tücke zu
vernichten. Die Bedrohten antworteten mit grauenvollen Nieder¬
lagen, welche sie mehreren Römerheeren in der Alpengegend bei¬
brachten. Die stolze Tiberstadt zitterte vor den unwiderstehlichen
Riesengestalten mit Beilen und Lanzen, mit weißen Lindenschilden
und dräuenden Helmen, die aus der Kopfhaut wilder Tiere ge¬
fertigt waren. Äber die Germanen scheuten sich vor dem volk¬
reichen Italien. Jahrelang durchstreiften sie verwüstend die
schönen Landschaften Südfrankreichs und Spaniens.
Unterdessen schuf Marius ein tüchtiges Söldnerheer, mit
welchem er zwischen Rhone und Westalpen die Rückkunft der