Full text: Lehrbuch der allgemeinen Geographie für höhere Lehranstalten

242 Europa. 
Obst und namentlich auch Flachs gebaut. — Die Viehzucht ist wohl ge- 
pflegt; namentlich die Rindviehzucht in Flandern, die Schafzucht in Namur 
und Luxemburg, Pferdezucht in Brabant und Hennegau; ausgebreitet ist auch 
in einzelnen Landesteilen die Kaninchenzucht. — Die Industrie ist außer- 
ordentlich entwickelt, die bedeutendste des Festlandes, und zwar Leinen- 
sabrikation besonders in Flandern (Damast in Brüssel und Brügge zc.; 
Zwirn in Tonrnay, Spitzen in Mecheln, Brüssel, Gent); Baumwollen- 
Weberei in Gent, Brügge. Antwerpen; Wollenindustrie in Verviers 
und Lüttich; Waffen und Maschinen ?c. in Lüttich, ebenda Leder; hier- 
zu kommen Luxuswaren, Glas und Spiegel. — Der Handel ist gefördert 
durch die ausgedehntesten Eisenbahn-, Kanal- und Straßenverbindungen Eu- 
ropas. Die Gesamteinfuhr betrug zuletzt 1885 Mill. Mark, die Ge- 
samtausfuhr 1003 Mill. Mark. Bei der Ausfuhr überwiegen Spitzen, 
Leinen-, Baumwollen- und Wollwaren, rohe Wolle, Steinkohlen, Eisen, Flachs, 
Wollengarne,. Maschinen, Waffen, Spiegel, Glaswaren; bei der Einfuhr 
Seidenwaren, Rohwolle, Wollgewebe, Weizen, rohe Häute, Kaffee, rohe Baum- 
wolle, Flachs. — Die Handelsflotte Belgiens ist unbedeutend (Belgien betreibt 
seinen Seehandel meistens mit Schissen fremder Flagge), 1874 betrug die 
Schiffszahl Belgiens nur 57. — Das Eisenbahnnetz betrug 1876 3740 km, 
das Telegraphennetz 5230 km Länge. — Die wichtigsten Handelsstädte sind 
Brüssel, Antwerpen, Ostende, Gent, Brügge, Lüttich, Namur, 
Tournay. — Belgien hat zwar 4 Universitäten (die staatlichen Gent und 
Lütt ich und die privaten Brüssel und Löwen), viele Fachschulen und 
wissenschaftliche Institute, doch ist die Volksschulbildung noch nicht allgemein 
(30 pCt. ohne dieselbe). 
Geschichtliches. Das Land wurde ein Teil des Frankenreiches, und kam 
zu Anfang des 10. Jahrhunderts an Deutschland. Später gehörte es größten- 
teils den burgundischen Valois, wurde von Maximilian I., als Erben Karls 
des Kühnen, erworben und fiel so auch Philipp II. von Spanien zu. Beim 
Abfall der nördlichen Provinzen verblieb das Land Spanien, fiel durch den 
fpamfchen Erbfolgekrieg an Oesterreich und wurde nach der napoleonischen 
Zeit ein Teil des Königreichs der Niederlande, von welchem es sich 1830 
losriß, um unter dem coburgischen Prinzen Leopold ein konstitutionelles König- 
reich zu werden. 
Stehendes Heer etwas über 40 000 Mann; Kriegsstärke etwas über 
103 000 Mann und e. 30 000 Mann Civilgarde. 
Das Land zerfällt in folgende 9 Provinzen: 
1) Glldbrabant. Hauptstadt und Residenz ist Brüssel, ohne Vorstädte 
165 000 Einw., mit denselben aber 390 000 Einw., eine der schönsten Städte 
Europas, in der Mitte des Landes; die Unterstadt mit vlämischer Bevölkerung, 
Sitz von Handel und Industrie (Damast, Spitzen, Teppiche), die Oberstadt mit 
französischer Bevölkerung, dem Residenzschloß und den Behörden. Nahe Schloß 
Lacken. Südlich von Brüssel Schlachtfeld von Waterloo oder Belle Alliance 
(18. Juni 1815, Blücher und Wellington). Löwen, an der Dyle, 35 000 E., 
katholische Universität (früher Tuchfabriken). 
2) Antwerpen (Mittelbrabant). Antwerpen, 160 000 Einw., an der 
Schelde, erster Seehafen, starker Verkehr mit England, Nordamerika, Frankreich ic.;
	        
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