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daß sie beyzeiten abgethan, und aus dem Wege geschaffet werden. Denn der
Teuffel hält sie so fest in seinen Schlingen, so er sie nicht leichtlich eher loß gibt,
als biß sie sterben. Und ich stelle dem Remigio, welcher bey dem Hertzoge von
Lothringen gewesen, und mehr als neunhundert Zauberer verurtheileu und hin¬
richten sehen, allerdings Glauben zu, als welcher versichert, daß unter so viel
lausenden, die der Satan mit seinen Zauber-Stricken gebunden gehabt, man von
keinem gehört habe, daß er sich solcher teuffelischen Bande auff andere Weise, als
entweder durch freywilliges, oder durch erzwungenes Bekändtniß ihres Verbrechens
und durch Erdultung der leiblichen Straffe, nemlich des Todes, loß gemacht.""
Ich Antworte aber: Wer solte wohl sich immer einbilden können, daß ein
Lutherischer Rechts-Gelehrter auff die Absurdität gerathen und glauben solte, daß
der Scharffrichter ein ordentliches Instrument zur Bekehrung sey. Und warum
glaubt der unvorsichtige Carpzov dem Remigio, einem abergläubischen Menschen
und der gleichsam ein Sklave der Clerisey war. Den die Gründe, um welcher
willen er ihm Glauben zugestellet, nemlich, weil er in Lothringen so vielen Ver-
urtheiluugen mit beygewohnet, die finden bey mir wenig Beyfall. Zudem hat er
den Remigium selbst nicht recht verstanden. Remigius sagt keineswegs, was
Carpzov aus feinen Worten schließen will, sondern nur so viel spricht er, es hätten
sich die Hexen von ihren Bündnissen mit dem Teuffel nicht frey machen können,
ehe sie zuvor ihr Laster gestanden, auff welches Gestäudniß nachmahls vermöge der
Pfaffen-Gesetze nothwendig der Todt erfolgt sey.
Wenn aber ja des Carpzovs seine Jurisprudenz bedurfft hat, sich auff andere
Autorität und auff Fabeln zu gründen, warum hat er nicht unsern Theologis
mehr geglaubet, die gestehen, daß viel Hexen und Zauberer ohne die ordentliche
Todes-Straffe wären wieder auff den rechten Weg gebracht worden, die überdiß aus
dem Teuffel einen so ohnmächtigen Gast machen, daß er so gar durch einen garstigen
Wind verjagt werden könne."
„§ 25. Seine Beweiß-Gründe schliesset nun Carpzov also: „ „Nunmehro
(schreibet er) laß ich einen jedweden, der nur ein wenig Gottesfurcht hat, urtheilen,
ob nicht die Obrigkeit recht und löblich verfahre, daß sie die Hexen und Zauberer
straffe.""
Mein Schluß ist hergegeu dieser: Es urtheile ein jeder, der nur ein wenig
vom Verstände (denn des Carpzovii unverständige Frömmigkeit, die bloß in einem
Glauben alter Weiber-Mährgen bestehet, will ich jetzo nicht nennen) und vom Sensu
communi hat, ob es einem so vornehmen Rechts-Gelehrten nicht höchst-schimpsslich
sey, der in einer so ernsthaften und wichtigen Sache einen andern doch so lieder¬
lich zu hintergehen und zu betrügen suchet."
b) Thomasius über seinen Glauben an Teufel und Hexen.
Aus dem „Anhang, welcher aus des Autoris Erinnerung wegen seiner künff-
tigen Winter-Leetionen, ans das 1702. uud folgende Jahr genommen worden, und
betrifft die Vertheidigung feiner selbst eigenen Lehr-Sätze von dem Laster der
Zauberey."
„Nachdem ich leider erfahren müssen, daß man durch meine Disputation de
Crimine Magiae Gelegenheit genommen, mich fälschlich zu beschuldigen, als glaubete
ich keine Teuffel, unerachtet das Gegentheil mit offenbahren und deutlichen Worten
feer Disputation selbst zu lesen ist; Als habe ich Gelegenheit genommen, bey dem
Diseurs von den (Ägyptischen Zauberern meine Unschuld klärlich zu zeigen, und
meine Meynung von Hexen ausführlicher als in der Disputation wegen Kürtze der
Zeit und damahligen Vorhabens geschehen können, zu melden.