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D. Allgemeine Erdkunde.
§ 246.
lichen und mineralischen Erzeugnisse. An Fischen, Muscheln, Krebsen,
Edelkorallen, Schwämmen usw. am reichsten ist der Atlantische Ozeans
ihm folgt nahe der nördliche Teil des Stillen Ozeans, der jedoch weit größere
Mengen an wertvollen Pelzrobben besitzt. Viel ärmer an Nutzfischen ist der
Indische Ozean, der dafür den anderen Meeren durch den Ertrag der
Perlenfischerei überlegen ist. Diese wird auch in den tropischen Teilen des
Atlantischen und des Stillen Ozeans mit Erfolg betrieben.
Die Gesamtausbeute der ozeanifchenFifcherei wird auf jährlich 1 Milliarde
Mark berechnet. Den Hauptanteil daran haben die Union (über 200 Mill. Mark),
Großbritannien, Kanada, Norwegen, Japan, Rußland-Finnland, Frankreich, Holland.
Das Deutsche Reich gewinnt nur für 50 Mill. Mark, etwa 5% der Gesamtausbeute.
Von pflanzlichen Erzeugnissen der Meere wird Seegras zum Polstern
und Seetang zu verschiedenen Zwecken gebraucht, au mineralischen Er-
Zeugnissen Seesalz, das in Salzgärten an den Küsten Italiens, Dalmatiens,
der Bretagne, Portugals, Oberguineas u. a. gewonnen wird.
§ 246. Das Meer hat dreierlei Arten von Bewegung: 1. Wellen, 2. Ge-
zeiten, 3. Strömungen.
1. Die Wellen werden hervorgerufen durch den Druck des Windes auf den Wasser-
spiegel. Sie bestehen aus Wellenbergen und Wellentälern. Sie haben nur
eine vertikale Bewegung, und dämm bleiben Gegenstände, die im Meere schwimmen,
an derselben Stelle, soweit sie nicht von Strömungen, Wind und Flutwelle fort-
getrieben werden. Nach dem Trägheitsgesetze setzt sich die Wellenbewegung auch
nach dem Aufhören des Windes fort. Sie heißt dann Dünung. Je nach der Stärke
des Windes, der Tiefe und Größe des Meeres sind die Wellen von verschiedener Höhe.
Die höchsten, an 15 m, sind in der Nähe des Kap Hoom gemessen. Die Wellen-
länge beträgt das Fünf- bis Zwanzigfache der Höhe.
2. Die Gezeiten, Tiden, oder Ebbe und Flut werden bewirkt durch die an-
ziehende Kraft des Mondes und in schwächerem Grade auch der vierhundertmal
weiter entfernten Sonne auf die Erde. Tag für Tag ziehen mächtige, aber flache
Meeresanschwellungen im allgemeinen westwärts (entgegengesetzt der Achsen-
drehung unseres Planeten) um den ganzen Erdball und erzeugen an den Küsten ein
regelmäßiges Steigen und Sinken des Seespiegels, Flut und Ebbe. Jede dieser
Erscheinungen dauert 6 Stunden 12Vs Minuten, d. i. ein Viertel der Zeit, in der
der Mond einmal um die Erde sich zu bewegen scheint. Sie sind auf hoher See nicht
wahrzunehmen, dagegen um so mehr an Flachküsten, die zur Ebbezeit trocken liegen,
zur Flutzeit weithin vom Meere bedeckt werden. Am höchsten tritt die Flut auf zur
Zeit des Neumondes und des Vollmondes, zweimal in jedem Monat, wenn Sonne
und Mond im gleichen oder im direkt entgegengesetzten Sinne wirken. Diese
Flut heißt Springflut. Dann überschwemmt „Hochwasser" den flachen Strand.
Wenn zu dieser Zeit starke Winde vom Meere her wehen, entstehen gefährliche
„Sturmfluten". Am niedrigsten, auch zweimal in jedem Monat, ist die Flut zur Zeit
der Mondviertel, weil alsdann die anziehende Kraft des Mondes mit derjenigen
1 Alles, was von winzigen Lebewesen vornehmlich in den oberen Schichten willenlos
als ein Spiel der Wellen und des Windes umhertreibt, heißt Plankton (vom griechischen
plazein — umherirren machen). Seinen Massen folgen als ihrem Nahrungsspender die
Scharen der kleinen Fische (Sardinen, Heringe u. a.).