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Ereignisse, und wer will sich vermessen, die Zukunft vorauszusagen. 
Sollte es Deutschland zufallen, sich in Asien gleich den Engländern 
etwa ein Indien zu erkämpfen, oder sich doch wenigstens mit aller 
Energie „einen Platz in der Sonne zu verschaffen"? China ergeht 
es wie den Südsee-Jnsulanern, was Beurteilung und Wertschätzung 
anbetrifft. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts konnte 
man nicht genug thun im Lobe ihrer einfach patriarchalischen Sitten, 
und seit Voltaire galt China als ein Land der Gerechtigkeit, der 
Gelehrsamkeit und friedlichen Kultur, an dem sich die europäischen 
Nationen immer von neuem ein Muster nehmen sollten. Heutzutage 
kann man sozusagen die Kehrseite der Medaille betrachten, und die 
„gelben Teufel" nennt man nur mit Abscheu. Während aber die 
Südsee-Jnsulaner, von deren enthusiastischer Bewunderung man längst 
zurückgekommen ist, meist absterbende Generationen sind, hat man es 
in China mit einer Nation von 400 Millionen zu thun, und wir 
können im Zweifel sein, ob sich die Chinesen in ihrem Schiking1 in 
melancholischer Resignation ein richtiges Prognostikon gestellt haben: 
Wir bau'n mit glänzenden Altanen 
Gedächtnistempel unfern Ahnen; 
Wir bau'n mit Kunst an jeder Wissenschaft, 
Die uns're Weisen einst gegründet, 
lind wo sie uns ein Licht der Einsicht angezündet, 
Das hüten wir gewissenhaft. 
Es blieb von unsrer Geisteskraft 
Nichts Feinstes unerspäht, nichts Tiefstes unergründet; 
Doch Untergang ist uns verkündet, 
Denn unserm Wesen fehlt's am innern Haft. 
Der Hase mag wohl zierlich hüpfen, 
Dem Hunde wird er nicht entschlüpfen! 
Auf dem Wege des Verkehrs und Handels hat sich Deutschland 
noch an einer anderen Stelle Asiens vorgeschoben, loas wir schlie߬ 
lich doch nicht unerwähnt lassen wollen. Wir meinen die anatolische 
Bahn in Kleinasien, die neuerdings die Konzession zur Erweiterung 
des Eisenbahnbaus bis Bagdad und zum persischen Golf erhalten 
hat. Die Türken sind jetzt die Freunde Deutschlands, und man be¬ 
zeichnet die Türken Kleinasiens, in denen sich das Osmanentum am 
unverfälschtesten erhalten hat, geradezu als „Deutsche des Orients". 
Hier in Kleinasien ist nun die von deutschem Kapital gegründete 
und von deutschen Ingenieuren gebaute anatolische Bahn schon seit 
einigen Jahren im Betrieb und trägt deutsche und abendländische 
Kultur in die weltfremden Dorfschaften des kleinasiatischen Hochlandes. 
Wiesehr hatte doch die „Mutter der Welt", 2 wie die Türken ihr 
' Bon Rückert übersetzt. 
2 umma ed dünja.
	        
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