fullscreen: Der kleine Kinderfreund

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Lindern spielen?" Da sprach der Mann: „Wenn er gern betet, lernt 
und fromm ist, so soll er auch in den Garten kommen, Lippus und 
Just auch; und wenn sie alle zusammenkommen, so werden ste auch 
Pfeifen, Pauken, Lauten und allerlei Saitenspiel staken, auch tanken 
und mit kleinen Armbrüsten schießen." And er zeigte mir dort eine feine 
Wirse im Garten, zum Tanzen zugerichtet; da hingen güldene pfeifen, 
Pauken und feine silberne Armbrüste. Aber es mar noch früh, daß 
die Linder noch nicht gegessen hatten; darum konnte ich des Tanzrns 
nicht erharren und sprach zu dem Mann: „Ach, lieber Herr, ich 
will stugs hingehen und das Alles meinem lieben Köhnlrin Hänschen 
schreiben, daß er ja fleißig bete und wohl lerne und fromm sei, auf 
daß er auch in diesen Garten komme." Da sprach der Mann: „Cs 
soll ja sein; gehe hin und schreibe ihm also." 
Daruin, liebes Söhnlein Hänschen, lerne und bete ja getrost, und 
sage es Lippus und Justeu auch, daß sie auch lernen und beten; so 
werdet ihr mit einander in den Garten kommen. 
Dein lieber Pater 
Martinas Luther. 
58. Einiges aus Luthers häuslichem Leben. 
Doctor Martin Luther gab, so lange er noch Etwas hatte; ja, 
man kann sagen, auch dann noch, wenn er Nichts mehr hatte, wie 
folgende Beispiele beweisen werden. Einst kam ein Mann, der 
sich in Geldnoth befand, aus Luthers Studirzimmer und bat ihn 
um eine Unterstützung. Luthern gebrach es aber damals — wie 
es wohl öfters treffen mochte — gleichfalls an Geld; und da er 
doch gerne helfen wollte, besann er sich, holte das Pathengeld seines 
jüngstgebornen Kindes und gab's dem Bittenden. Seine Frau, 
welche davon nichts wußte, merkte es doch bald an der Leere der 
Sparbüchse und war etwas ungehalten über die unbedachte Groß- 
muth ihres Mannes. Luther aber entgeguete ihr: „Laß es gut 
sein; Gott ist reich, er wird Anderes bescheeren." 
Ein andermal kam ein armer Student zu ihm, welcher jetzt 
Wittenberg verlassen wollte, und bat Luther um Reisegeld. Da 
aber Luther selber ohne Geld war und auch vergebens bei seiner 
Frau darum angefragt hatte, so war die Verlegenheit des Gebete¬ 
nen, der nicht zu helfen wußte, fast größer, als die des Bittenden. 
Plötzlich fiel Luthers umhersuchender Blick auf den. schönen ver¬ 
goldeten Becher von Silber, welchen er vor Kurzem vom Kur¬ 
fürsten zum Geschenk erhalten hatte, lief herzu, faßte das Kleinod 
und reichte es dem Stndenten. Dieser war'darüber bestürzt und 
wollte nicht zugreifen, und Katharina schien durch den Entschluß
	        
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