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38 Fuß Höhe, gerade unter dem Hochaltar, so daß der Priester, wenn er
die Messe liest, auf dem Schlußstein des Gewölbes steht. Eine Treppe von
Granit und buntem Marmor, von einem schönen Bronzegitter verschlossen,
führt hinunter. Das Gewölbe ist mit Jaspis, Porphyr und andern nicht
weniger kostbaren Marmorarten ausgelegt. In den Mauern sind Nischen
mit Halbsäulen (eixxos) von antiker Gestalt angebracht, zur Aufnahme der
Könige und Königinnen, die Erben hinterlassen haben. Auch hier herrscht eine
erstarrende Kälte, und man begreift nicht, wie durch die Steinmasse, die auf
uns mit erstickender Gewalt liegt, der Ruf der Auferstehung dringen könne.
In der Saeristei sind noch einige gute Gemälde, die übrigen sind
nach Madrid in's königliche Museum gebracht worden; die Decke der
großen Treppe ist von Luca Geardano gemalt und stellt auf allegorische
Weise das Gelübde Philipp's II. und die Gründung des Klosters dar.
Die Bibliothek hat das Eigenthümliche, daß die Bände mit dem Rücken
gegen die Wand und mit dem Schnitt dem Beschauer zugekehrt sind.
Den Grund dieses Verfahrens kenne ich nicht.
Von der Kuppel hat man eine unendliche Aussicht, auf der einen
Seite die weite gebirgige Ebene nach Madrid zu, auf der andern die
Gebirge von Guadarama und die Ansicht des Klosters mit seinen Höfen,
Springbrunnen, Arcaden u. s. w. Auf einer Feueresse war in seinem,
einem umgekehrten Turban gleichenden Neste ein Storch mit seinen drei
Jungen. Die Mutter stand auf einem Fuße inmitten im Neste, den Hals
in die Schultern gezogen und den Schnabel majestätisch auf der Brust
ruhend, wie ein Philosoph; die Kleinen streckten ihre langen Schnäbel und
Hälse aus, um Futter zu verlangen, aber die Störchin blieb bei diesen
hungrigen Demonstrationen unbeweglich, und dieses Bild hob noch die
traurige Stille und düstere Melancholie des Ganzen, es gab ihm fast
etwas Aegyptisches, Pharaonisches.
Noch besahen wir den Garten, der mehr Architektur als Vegetation
hat, überall Terrassen und Parterres von verschnittenem Buchsbaum,
einige Springbrunnen und zwischen ihnen einzelne Bassins voll grünlichen
Wassers — ein langweiliger, feierlicher Garten, wie er sich für ein solches
Gebäude ziemt.
Man sagt, das Escurial habe 1100 Fenster, und ich glaube es gern,
obwohl ich sie nicht gezählt habe, denn so viel Fenster habe ich noch nie
bei einander gesehen; auch die Zahl der Thüren ist fabelhaft groß. — Als
wir wieder in die freie, warme Luft traten, athmete ich von Neuem auf.
Ich glaubte, das Leben sei mir von Neuem wieder geschenkt, und die Hoff¬
nung trat mir nahe, die ich in der Granitmasse ganz verloren hatte.