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das Bein, so läuft das Pferd davon, und der Unglückliche bleibt oft, dem
Hungertode preisgegeben, im hohen Grase liegen, die Adler, welche auf jedes
gefallene Wesen losstürzen, von sich abwehrend, so lange er es vermag.
Da seine Nahrung einzig aus Ochsenfleisch und Wasser besteht, so be¬
sitzt der Gaucho eine ausnehmend starke Leibesbeschaffenheit, welche ihn in
den Stand setzt, die größten Strapazen auszudauern und unglaublich weite
Entfernungen ohne Unterbrechung zu Pferde zurückzulegen. Die Hütten der
Gauchos mit ihren aus Weiden geflochtenen und mit Lehm überzogenen
Wänden sind nicht viel besser als die Wigwams der Indianer, mit denen sie
auch die viereckige Form gemein haben. Einige Holzklötze oder die Skelette
von Pferdeköpfen dienen als Sessel; ein kleiner Tisch, anderthalb Fuß über
dem Boden, zum Kartenspielen, und ein Cruzifix oder ein heiliger Anto¬
nius , der an der Wand hängt, zum Schmucke der Stube. Schaffelle,
worauf Weiber und Kinder schlafen, und ein kleines Feuer auf dem Herde
sind der einzige Luxus. Ist der Gaucho daheim, so schläft oder spielt er,
und an deni Spiele sieht man hier und da selbst einen Klosterbruder Theil
nehmen Bei Regenwetter versammelt sich die ganze Familie mit Gästen,
Hunden, Schweinen und Geflügel in anmuthiger Mischung in der Hütte,
und wenn der Rauch des nassen Holzes die Hälfte des Gemaches anfüllt,
so können einem Europäer diese Nebelgestalten in der trüben Atmosphäre
wie Spukgeister erscheinen.
Einige wenige Obstbäume umgeben in der Regel die Hütte. Die
Weiber beschäftigen sich mit dem Anbaue des wenigen indianischen Kornes,
woraus sie ihr Brod backen; auch pflanzen sie Wassermelonen und Zwie¬
beln. Sie tragen Hemden von Baumwolle und Röcke von Boy oder blauem
Tuche; Arme und Nacken sind bloß. Wenn sie ausreiten (sie gelten in der
Reitkunst für eben so geschickt, als die Männer), tragen sie Schärpen oder
Shawls von glänzendfarbigem Boy und haben Strohhüte auf. Der Ge¬
brauch des Tabaks ist beiden Geschlechtern gemein; sie rauchen ihn in
Form von Cigarren, indem sie die Blätter in ein Maisblatt wickeln.
12 Vergleichende Ansicht der Steppen *)
Am Fuße des hohen Granitrückens, welcher im Jugendalter unseres
Planeten bei Bildung des Antillischen Meerbusens dem Einbruch der Wasser
getrotzt hat, beginnt eine weite, unabsehbare Ebene. Wenn man dieBergthäler
von Caracas und den inselreichen SeeTacarigua, in dem die nahen Pisang-
stämme sich spiegeln; wenn man die Fluren, welche mit dem zarten und lichten
Grün des tahitischen Zuckerschilfes prangen, oder den ersten Schatten der
*) Nach Alex, von Humboldt: „Ansichten der Natur", Theil I.