Full text: Charakterbilder deutschen Landes und Lebens für Schule und Haus (Theil 3)

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etwa 270 Fuß beträgt, sind massiv und haben spitz zulaufende, mit zum 
Theil vergoldeten Metallplatten gedeckte Dächer. Zwischen ihnen ist das 
überaus reiche Portal, das mit dem darüber befindlichen Stern den schön- 
sten Theil des Gebäudes bildet. Von den Kunstschätzen im Innern der 
Kirche verdienen der englische Gruß von Veit Stoß und das Sakraments- 
Häuschen von Adam Krafft in erster Reihe unsere Bewunderung. Ersterer, 
1518 von Anton Tucher gestiftet, ist eine der feinsten Schnitzarbeiten des 
berühmten Meisters. „Es sind an demselben die sieben Freuden Maria 
wohl angebracht. Ein Paternoster hält das Kunststück zusammen. Zu 
unterst präsentirt sich eine Schlange, welche einen Apfel im Maule hält. 
Alles ist an demselben sehr subtil und mit größter Verwunderung anzu- 
sehen." *) Das Sakramentshäuschen wurde 1495 von Hans Jmhof gestif- 
tet. Das 64 Fuß hohe Kunstwerk wird von den knienden Figuren des 
Meisters und seiner zwei Gesellen getragen. Um das Ciborium führt ein 
Gang, worüber sich drei Hautreliefs: Christus, die Weiber tröstend, das 
Abendmahl und der Oelberg, befinden. Ueber diesen drängen sich in 
mannigfacher Verschlingung Aeste und Blumen hervor, ein wahres steiner- 
nes Pflanzengebäude. Dazwischen sind Darstellungen aus der Passions- 
geschichte. Das Ganze endigt mit einer schön gewundenen Blume. „We- 
gen der subtilen Arbeit an diesem kostbaren Werk wollte man glauben, 
Krafft habe gewußt, die Steine zu schmelzen und nachmalen in denen 
Formen zu gießen, wie es ihm gefallen." — Von nicht geringerem Werthe 
als diese beiden plastischen Kunstwerke sind die prachtvollen Glasmalereien 
an den Fenstern des Chores; besonders hoch geschätzt wird das Volka- 
mersche Fenster, auf dem der Stammbaum Christi dargestellt ist; andere 
enthalten die Dürerschen Apostel, Bilder von Kirchenvätern und Heiligen, 
Pröbsten und Patriciern, nebst vielen Wappen mit reicher Ornamentik. 
Die kleineren Altäre in den beiden Seitenschiffen enthalten Bild- 
schnitzereien von vorzüglicher Feinheit und Gemälde von Wohlgemut und 
Culmbach. Der Hauptaltar aber und die Kanzel sind neu nach Zeich- 
nungen Heideloffs von Rotermundt ausgeführt. Wegen ihrer Pracht- 
vollen Miniaturmalereien sehenswerth sind die alten Choralbücher in 
der Sakristei. 
Aelter als die Lorenzkirche, aber von geringerem architektonischen 
Werthe ist ihre dem heiligen Sebald geweihte Schwester. Dafür bietet 
sie in ihren einzelnen Theilen ein interessantes Material für das Stu- 
dium der Entwickelung des Baustils vom 10. bis 14. Jahrh. Der älteste 
Theil der Kirche, die im 10. Jahrh. vollendete Peterskapelle, war ursprüng- 
lieh ganz im byzantinischen Stil gebaut, wie ihn die Portale der beiden 
Thürme und die Seitenfenster heute noch zeigen; an der Vorderseite aber 
wurden in der späteren, gothisch fortbauenden Zeit je zwei übereinander- 
*) Die Chronik fährt fort: „Weil Andreas Ossiandcr wider dieses Bild geprediget 
und die Maria die güldene Grasmagd geheißen, so hat man einen grünen Fürhang 
darum gemacht."
	        
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