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3. Geologische Verhältnisse. Auch geologisch zerfällt Europa in
drei Provinzen. Das jüngste Gebiet ist Süd^europa oOer die Mittel¬
meerzone, der die drei großen Halbinseln des S, das Alpen- und Karpaten-
gebiet angeboren. Sie hat erst in tertiärer Zeit ihre heutige Gestalt erhalten.
Für sie sind die jugendlichen Faltengebirge der Pyrenäen, Alpen, des Apennin
u. s. w. ebenso charakteristisch wie die wechselvollen Tiefenverhältnisse des
Einbruchsgebiets des Mittelmeers; die ununterbrochenen Veränderungen an
der Erdoberfläche der mediterranen Provinz zeigen, daß die geologischen Kräfte
heute noch an der weiteren Modellierung des Gebiets arbeiten. Die Halb-
inseln und Inseln des. Gebiets sind Höhenreste versunkener Festlandsschollen.
Die Meerenge von Gibraltar und die Untiefen zwischen ©teilten und Afrika
waren einst 'Landengen, die das Festland Europa mit Afrika verbanden. Die
Inseln des ägäischen Meeres sind Einbruchsreste einer Landverbindung zwischen
dem Peloponnes und Kleinasien. —
Nördlich von der Mittelmeerzone befindet sich das n o r d e u r o p ä i s ch e
Schollenland, ein ungleich älteres Gebiet. In ihm ist die faltende Tätig-
keit der Erdrinde schon in der Steinkohlenzeit zur Ruhe gekommen. Seitdem
haben nur die Atmosphärilien und zahlreiche Bruchversenkungen das orographische
Aussehen des Schollenlandes verändert. Die Folge davon ist, daß die Höhen-
differenzen lange nicht so groß sind als wie in der mittelmeerischen Zone.
Höchstens treten Mittelgebirge auf, die mit ihren sanften Wellenlinien und ihren
schön gerundeten, waldgeschmückten Landschaftsformen wesentlich zu den energischen
Linienführungen alpiner Gebiete kontrastieren.
Das nordeuropäische Schollenland zerfällt wieder in zwei Gebiete. West-
lich von der Weichsel liegt n. vom mittelmeerischen Gebiete als das jüngere
Gebiet das n ord westeuro päis ch e Sch ollen l and. Die drei alten paläo-
zoischen Faltengebirge, das variscische (ein altes Parallelgebirge zu den
heutigen Alpen' im Bereiche des w. Frankreichs und des s. und mittleren
Deutschlands), das arm o ri kan is ch e im w. Frankreich und sw. England und
das kaledonische im n. Schottland und w. Skandinavien, sind im Laufe
der Jahrmillionen allmählich zu Rumpfgebirgen abgetragen worden, die nur
in mesozoischer Zeit von Meeresüberflutungen, im Tertiär aber vielfach von
Einbrüchen der Erdrinde betroffen wurden, sodaß die heutigen Gebirge vielfach
nur als Horstgebirge über ihre Umgebung emporragen.
Noch älter als das nordwefteuropäische Schollenland ist die russisch-
skandinavische Platte ö. der Weichsel. Sie bildet ein riesiges, starres,
seit archäischer Zeit von keiner Faltung mehr betroffenes, flachwelliges Tafelland,
dessen landschaftliche Einförmigkeit noch dadurch erhöht wird, daß auch Ein-
brüche der Erdrinde nur in geringem Maße vorkommen. Nur die Stellen,
wo sich die Wasserscheiden herausgebildet haben, ragen orographisch etwas über
die Umgebung hervor (Waldaihöhe).
Die Kulturentwicklung Europas wurde durch die natürlichen
Verhältnisse des Erdteils wesentlich gefördert. Seine günstige Lage inmitten
der Landhalbkugel brachte ihn naturgemäß in vielseitige Beziehungen zu andern
Erdteilen. Die reiche und vielgestaltige Gliederung erhöht die Zugänglichfeit
des Erdteils bis in seine zentralen Gebiete. Schon früh mußte diese Gestaltung
die europäischen Völker auf das länderverbindende Meer hinweisen. Die
B o d e n g e st a l tu n g zeigt wie bei keinem andern Erdteil ein Durch-
einander greifen aller Hauptformen der Bodenbildung. Keine
hohen Gebirge schließen das Innere von den Küsten ab; keine innern Hochländer
trennen die Glieder von dem Rumpf des Erdteils. Das wegsame Mittelgebirge
ist vorherrschend, und auch das zentrale Hochgebirge ist reich an Längs- und
Quertälern und setzt weder durch seine Höhe noch durch seine räumliche Aus-
dehnung den« Verkehr unübersteigliche Hindernisse entgegen. Daher konnte sich
auch die Kultur der Mittelmeerländer über ganz Europa ausbreiten und zu
einer europäischen Kultur entwickeln, welche durch die Lage des Erdteils
und infolgedessen durch Völkerzuzug namentlich aus dem O. her vor Erstarrung
bewahrt wurde. Begünstigt wurden diese Wanderungen der Völker durch das
mitten durch Europa in ostwestlicher Richtung sich hinziehende Tiefland. —