290 V. Elemente der Mathematischen u. Physikalischen Geographie.
(Loxodrome), sich auf der Karte in eine grade verwandle: zu dem
Ende werden die Meridiane gleichabständige Parallellinien, und auch
die Parallelkreise gehen in parallele Grade über, doch haben dieselben
nicht allenthalben gleiche Entfernung von einander, fondern der Ab-
stand wird mit wachsender Breite immer größer und größer. Das
Gesetz, nach welchem die Vergrößerung zu erfolgen hat, läßt fich
freilich ohne Kenntnis der höheren Mathematik nicht wohl erläutern.
§ 2. physikalische Erdkunde.
Entstehung Der Erdball ist, wie wir gesehen haben, ein zur Sonne als
der Erde. Zx^jx^lkörper gehöriger Planet. Man nimmt an, daß sämtliche
Bestandteile ^ des Planetensystems eine einheitliche Entstehungsart
gehabt haben, und zwar ist die Entstehung nach der Kant-
Laplace'fchen Hypothese^) in folgender Weise vor sich gegangen.
Die ganze Stoffmasse,, welche wir gegenwärtig auf die einzelnen
Körper des Sonnensystemes verteilt sehen, erfüllte vor undenklichen
Zeiten im Zustande äußerster Feinheit und Lockerheit eine Kugel
vou ungeheuer großem Halbmesser, welche sich um eine Achse drehte.
Sobald die Schwung- oder Zentrifugalkraft, die am Äquator einer
rotierenden Kugel ihren größten Wert erreicht, größer wurde als
jene Kraft, mit welcher die Kugel selbst ihre einzelnen Teile anzog,
trennte sich längs des Äquators ein Ring — Saturnsring —
vom ursprünglichen Körper los; auch dieser zerriß an einzelnen
Stellen, und die Bruchstücke mußten sich dann, den Gesetzen der
Mechanik gemäß, zu einzelnen Monden zusammenballen. Die auf
die angegebene Weise verkleinerte Zentralkugel erlitt einige Zeit
später einen weiteren Verlust der bezeichneten Art, bis sie endlich
auf jene Kugel zusammengeschrumpft war, welche wir als Sonne
bezeichnen. Die abgetrennten Teile aber sind nach uud nach in die
Planeten, Trabanten und Ringe verwandelt worden, mit denen uns
die Übersicht über unser solares System bekannt gemacht hat.
Beschaffene Die soeben auseinandergesetzte Lehre erhält ihre hauptsächlichste
Stütze durch den Umstand, daß Sonne, Planeten, Kometen und
Meteorite im wesentlichen aus den nämlichen Mineralstoffen bestehen,
welche man auch auf der Erde uud in deren Rinde nachweisen kann.
Was die Meteorsteine anlangt, welche aus der Lust herniederfielen,
so konnte man diese ohneweiters der chemischen Analyse unter-
werfen; den Himmelskörpern selbst gegenüber ist dies freilich
*) Ausgestellt wurde diese Ansicht von dem deutschen Philosophen K an t
(1724—1804), wesentlich vervollkommnet von dem französischen Mathematiker
Laplace (LaMs, 1794—1824). Unter einer Hypothese (taofreo^) versteht
mau einen wissenschaftlichen Satz, der sich zwar nicht in aller Strenge beweisen,
wohl aber durch viele Wahrscheinlichkeitsgründe unterstützen läßt.