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von der Spitze eines Thurmes herabfallender Stein kommt nicht
am Fuße des Thurmes an, sondern erreicht östlich von demselben
den Boden; denn er erhält in der Spitze des Thurmes in Folge der
Achsendrehung einen stärkeren Schwung, als der Fnß des Thurmes
hat, und wird daher über diesen östlich hinausgeschleudert. — Einen
weiteren Beweis für die Achsendrehung der Erde finden wir in der
Abplattung derselben. Ein weicher Körper, der sich um seine
Achse schwingt, plattet sich an den Endpunkten derselben ab. Auch
die Erde befand sich ursprünglich in weichem Zustande und hat sich
durch ihre Achsendrehung an entgegengesetzten Punkten abgeplattet. —
Wenn wir auch diese Beweise für die Achsendrehung der Erde nicht
hätten, so wäre doch die Annahme des Gegentheils unmöglich; denn
es ist unglaublich, daß die Millionen von Sternen die millionenmal
kleinere Erde umkreisen sollten.
An einem Globus oder an irgend einer anderen Kugel können
wir uns die Achsendrehung der Erde deutlich machen. Die beiden
einander entgegengesetzten Punkte, die bei dieser Bewegung unbeweg¬
lich bleiben, heißt man die Pole der Erde; Nord- und Südpol.
Eine gerade Linie vom Nordpol zum Südpol stellt die Erdachse
dar. Auch diese nimmt an der Achsendrehung der Erdkugel keinen
Antheil. Sonst sind alle Punkte der Erdoberfläche in Bewegung
und zwar in um so schnellerer, je weiter sie von den Polen entfernt
sind. Durch diese Achsendrehung (Rotation) der Erde entstehen Tag
und Nacht. Bei der Kugelgestalt' der Erde kann die Sonne die-
selbe nur zur Hälfte erleuchten, und zwar die ihr zugewandte Hälfte;
sie hat Tag, während die andere, die abgewandte Halbkugel, von der
Sonne kein Licht empfangen kann und Nacht hat.
Wir können uns das am Globus (am besten des Nachts) mit Hilfe einer
brennenden Kerze deutlich machen. Tas Licht stellt die Sonue dar, welche ihre
Strahlen auf die Erde sendet. Wir sehen, die dem Lichte zugekehrte Seite ist
erleuchtet, die andere ist dunkel. Drehen wir den Globus von W. nach
so nähern sich allmählich dunkle Punkte dem Lichte, bis sie endlich von dessen
Strahlen getroffen werden (Sonnenaufgang), während andere Punkte sich vom
Lichte entfernen, bis sie endlich von dessen Strahlen nicht mehr getroffen wer-
den können (Sonnenuntergang). Wiederholen wir diese Versuche, so werden
wir bald merken, daß Punkte, welche weiter nach Osten liegen, eher von den
Lichtstrahlen getroffen werden als westliche, woraus wir folgende Schlüsse ziehen:
1) Die Tageszeiten für einen und denselben Tag treten
für die östlichen Orte der Erde früher ein als für die West-
lichen. — 2) Orte, die unter einem und demselben Meridian
liegen, haben zu gleicher Zeit Mittag. Damit ist aber nicht ge-
sagt, daß dieselben auch gleichzeitig Sonnenaufgang und Sonnenuntergang haben.
Orte, die 15 M. östlich von uns liegen, haben 4 Min. vor nns Sonnen-
aufgang. Der Zeitunterschied für je 2 Meridiane beträgt demnach 4 Min.,
für 180° macht das gerade 12 Stunden.
Unsere Uhr, die unter unserem Meridian die richtige Zeit anzeigt, geht
zu fcüh, wenn wir nach Wösten, zu spät, wenn wir nach Osten reisen. Man
kann daher mittelst einer genauen Uhr den Längenunterschied zweier Orte
berechnen. 8 Minuten Zeitunterschied ergeben eine Entfernung von 2 Längen-
graden oder 30 M.