Vorwort.
VII
und führen ihnen Völker vor, die so eigenartig sind, daß manches
in ihrem Wirtschafts- und Kulturleben fast rätselhaft erscheinen
muß. Da gilt es, das scheinbar Unermeßliche zu messen und dem
Vorstellen zugänglich zu manchen, da gilt es zu zeigen, in welcher
Weise und Stärke die verschiedenen geographischen Einflüsse in
großem Räume aufeinander wirken, und ferner gilt es klarzustellen,
wie eine große Eigenart fast aller geographischer Verhältnisse,
besonders des Bodens, des Klimas, der Pflanzenwelt, ein eigen¬
artiges Wirtschafts- und Kulturleben des Menschen bedingen, wie
andere Hilfsmittel der Natur auch andere Methoden der Arbeit
verlangen und dadurch dem Völkerleben nicht bloß ein anderes
äußeres Gepräge geben, sondern ihm auch einen andern Geistes¬
stempel aufdrücken.
Einen zweifachen Nutzen werden solche Kenntnisse
von der Fremde bringen: der Blick des Schülers wird weiter,
sein Horizont wächst; aber zugleich wird sein Blick tiefer, und
klarer werden die Umrisse, die die Stellung des eignen Landes
und Volkes markieren. Ein Volk, das einen bevorzugten
Platz auf der großen Weltbühne einnehmen oder be¬
haupten will, muß Geographie verstehen. Das ist eine
ernste Wahrheit, die vor allen in die Pforten der Schule ein¬
ziehen muß.
Bonn, Frühjahr 1904.
Heinrich Kerp.