142 Das Norddeutsche Flachland.
so daß Helgoland wie der Rand eines buntblätterigen Buches erscheint.
In der Nähe sieht man, wie zerrissen die Felswände sind, namentlich
aus der Westseite. Felsspalten, Vorsprünge, Torbogen, bereits abgetrennte
Steinsäulen schaut hier das Auge von dem zerklüfteten Steiluser. Auf
der Plattform liegt die eigentliche Stadt (Oberstadt), während der andere
Teil, die Unterstadt, auf einer vorgelagerten großen Düneninfel erbaut
ist. Beide Teile sind durch eine Treppe von etwa 200 Stufen und durch
einen Aufzug verbunden. Die Lage der Insel weist die Bewohner Haupt-
sächlich auf die Wasserarbeit hin. Wohl ist die Oberfläche der Insel mit
einem Grasboden für Schafweide bedeckt, aber für erfolgreichen Ackerbau
ist weder Platz, noch geeignetes Land da. Fischerei uud Lotsenarbeit sind
die Hauptbeschäftigung. Was würde aber die Insel ohne ihr Bad sein?
Der gewaltige Fremdenverkehr (10 000 Personen jährlich) bringt viel
Geld auf die Jnfel und gibt den meisten Bewohnern eine lohnende Neben-
beschästigung. Das Bad liegt auf einer kleinen Düne neben der Insel.
Fast die ganze Unterstadt besteht nur aus Hotels sür die Badegäste und
die Fremden. Die Insel ist trotz ihres geringen Umsanges sehr wichtig.
Ihr Leuchtturm macht die Fahrzeuge rechtzeitig auf die Gefahren des
Wattenmeeres und der Flachküste aufmerksam und zeigt den rechten Weg
zu den Flußmündungen und dem Kanäle. Da die Insel stark befestigt
ist, fo wird sie im Kriege ein Schutz gegen feindliche Schiffe sein. Für
unsere Flotte ist Helgoland insbesondere eine Kohlenstation. Seit 1890
ist es von England an Deutschland abgetreten. Nach den Hauptfarben
der Insel sührt der Helgoländer eine grün-rot-weiße Flagge und einen,
bezüglichen Wahlspruch:
Grön is das Land (Oberfläche),
rot is de Kant (die steile Felswand),
witt is de Sand (die Düne),
datt is de Flagg vun 't hillige Land.
3. Die Halligen.
Die kleinsten der Nordfriesischen Inseln sind die Halligen, d. h'.
hochgelegenes Land. Sie bestehen meist aus fruchtbarem Marschboden,
liegen aber so niedrig, daß sie bei Sturmfluten unter Wasser gesetzt werden.
Und doch sind sie bewohnt. Einige Halligen sind bereits vom Meere ver-
schlungen. Oft lebt nur eine Familie auf der Insel. Sie achtet nicht der
Gefahr, in der sie täglich schwebt. Selbst wenn die Flut das kleiue Bretter-
hüttchen von der zusammengekarrten Erhöhung (Warft) wegfpült, baut sie
sich doch wieder an derselben Stelle aus. Der Halligbewohner liebt seine
Jnselheimat über alles. Bei der Flut flüchtet er auf den Boden seines
Hauses und blickt angstvoll aus die tosenden Wasser, die in sein Heim dringen
und Möbel und Hausgerät fortspülen. Ach, wie oft wird die ganze Hütte
zertrümmert! Einen Balken, ein Brett sest umklammernd, treiben die Armen
ins offene Meer; und rettet sie kein Kahn, so verschlingt sie die Flut. Für die
Küste sind die Halligen sehr wichtig, da sie die Gewalt der Wellen brechen.