Full text: Neue, speciell preußische Geschichte (Teil 3)

32 Neue Geschichte. 
des Reichs sandten Glückwunschschreiben an den Sieger von Fehrbellin; selbst der 
Zar von Rußland und die Tataren wollten Bündnisse mit ihm schließen. Ludwig XIV. 
ließ sich Pläne von dem Havelland! anfertigen. 
c. Kampf um Pommern. Im nächsten Jahre gelang es dem 
Kurfürsten, die Schweden fast ganz aus Pommern zu verdrängen; im 
Frühjahr 1677 begann er die Belagerung Stettins. Aber bis zum 
Ende des Jahres mußte er vor der festen, hartnäckig verteidigten Stadt 
liegen; da ergab sie sich. Solche Erfolge erregten Neid sogar bei seinen 
Bundesgenossen. Der Kaiser zog sich zurück, Holland und England 
unterhandelten über einen Frieden mit Frankreich. Auch der Kurfürst 
wollte Frieden schließen, wenn man ihm Pommern bis zur Peme lassen 
wollte; jedenfalls wollte er lieber alles anfs Spiel setzen, als Stettin 
wieder herausgeben. Die Schweden dagegen erklärten: ihr König wolle 
lieber die Krone verlieren, als Stettin. Frankreich verlangte, der Kur- 
fürst solle alle Eroberungen wieder herausgeben. Da griff der Kurfürst 
wieder zum Schwerte, eroberte Rügen, das feste Stralsund und 
Greifswalde und vertrieb damit die Schweden gänzlich aus Pommern. 
Hier so schimpflich vertrieben, machten diese von Livland aus, das ihnen 
gehörte, einen. Einfall in Preußen, und die Franzosen rückten in Cleve 
ein. Gegen diese konnte Friedrich Wilhelm für den Augenblick nichts 
unternehmen; gegen die Schweden aber brach er mit einem kleinen, aber 
ausgesuchten Heere in strenger Winterkälte auf, obwohl er von heftigen 
Gichtschmerzen gequält wurde. Kaum hatten die Schweden den Aufbruch 
des Kurfürsten erfahren, als sie sich eiligst zurückzogen. Der Kurfürst 
brannte vor Begierde, sie noch zu erreichen; mit 1200 Schlitten setzte 
er und sein Heer in einem 7 Meilen langen Zuge über das frische Haff 
nach Königsberg, dann weiter über den mit Schnee bedeckten Boden und 
auch über das kurische Haff. Es war eine entsetzliche Kälte, Vögel 
sielen erstarrt von den Bäumen; aber unaufhaltsam weiter ging die 
Jagd. Der edle Treffenfeld war den Feinden stets auf den Fersen 
und erbeutete das Gepäck, viele Kauoueu und Gefangene; zu einer Schlacht 
stellten sie sich nicht. Bis hinter Tilsit ging die Verfolgung; trotz der 
entsetzlichsten Kälte mußte hier die brandenburgische Reiterei, die seit zwei 
Tagen keinen Bissen Brots mehr erhalten hatte, die Nacht über im 
Freien zubringen. Da kehrte der Kurfürst um; nur durch eine kleine 
Abteilung ließ er den Feind über die Grenze jagen. Von den 
18 000 Schweden kamen 1000 Reiter und 500 Mann Fußvolks wieder 
in ihrer Heimat an. 
Trotz dieser unerhörten Anstrengungen sollte der Knrsüst die Früchte 
seiner Siege nicht ernten. Alle seine Verbündeten hatten inzwischen 
Frieden mit Frankreich und Schweden gemacht, nur Dänemark blieb ihm 
noch treu. Weder der Kaiser noch die übrigen deutschen Fürsten wünschten 
eine Vergrößerung Brandenburgs, Ludwig XIV. verlangte die Herausgabe 
aller Eroberungen. Der Kurfürst war entrüstet über solche Ungerechtig- 
keit und Hinterlist. Er wollte allen seinen Feinden zugleich den Krieg 
erklären; seine Räte vermochten ihn nur mit großer Mühe davon abzu-
	        
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