Full text: Donaugebiet und Rheinpfalz (Teil 2)

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Seiten der kahlen Felsen rinnt's herab, in allen Furchen sammelt sich's 
zu Bächeu. Bald braust durch die Schlucht ein wilder Berg ström, der 
Erde und Geröll mit sich sührt und manchen Felszacken untergräbt uud 
mit fortreißt. Nur mit größter Anstrenguug vermögen sich die Berg- 
steiger vor seiner zerstörenden Gewalt zu retten. Wenn das Wetter aus- 
getobt, setzen sie die Wanderung sort. Ein kalter Wind erhebt sich. Da 
ist's nicht angenehm, mit durchnäßten Kleidern in den Bergen herumzn- 
klettern. Alles zittert vor Kälte, und man ist herzlich froh, wenn man end- 
lich eine UnterkuustsHütte erreicht. Da ist gut für die Unterkunst 
der Bergsteiger gesorgt. Bald brennt ein wärmendes Feuer im Ofen. In 
Decken gehüllt und bereitstehende Filzsocken an den Füßen, sitzt die Gesell- 
schast herum und trocknet die nassen Kleider und Schuhe. Ein warmes 
Abendessen wird auch schon gerichtet; sogar gutes Bier kauu man haben. 
Eine Anzahl Matrazen mit wollenen Decken bietet den müden Wanderern 
eine erwünschte Ruhestätte für die Nacht. 
Z u f a m m e n s a s s u n g: Vorbereitungen zu einer Hochtonr — Gewitter 
— Bergstrom — Kälte — Einkehr in der Unterkunstshütte. 
Am nächsten Tag wird wieder zeitig ausgebrochen. Bald gelangen 
die Wanderer an ein großes Eisfeld, das sich aus dm im Winter ge- 
fallenen ungeheuren Schneemassen nach und nach gebildet hat. Diese 
Eisfelder heißen Gletscher; sie sind zuweilen mehrere Stunden lang und 
breit uud bis zu 300 m dick. Das Gletschereis hat oft Spalten und 
Klüfte. Diese müssen die Bergsteiger mit Hilfe des Bergstocks über- 
springen. Gefährlicher noch ist eine Gletfcherwandernng, wenn frischer 
Schnee gefallen ist und dadurch die Spalten verschneit sind. Dann wird 
die ganze Gesellschaft in gleichmäßigen Abständen an dem mitgebrachten 
langen Seil angeknüpft. Ein Führer geht voraus und prüft mit dem 
Bergstock vorsichtig den Weg; die andern treten genau in seine Fuß- 
stapfen. Bricht ja eine Person in eine Spalte ein, so wird sie durch 
die übrigen gehalten. Manchmal geht's auch eine steile Eiswand hinan; 
da müssen erst mit dem mitgebrachten Eispickel Stuseu gehauen werden. 
Nachdem der Gletscher überschritten ist, kommt die Gesellschaft an 
einen steilen, felsigen Hang. Da könnte man nicht hinaufkommen, wenn 
nicht Eisen klammern sür die Füße in den Felsen geschlagen wären, 
und wenn nicht außerdem zum Anhalten ein Drahtseil angebracht 
wäre. Dieses Seil ist mit Eiskrystalleu besetzt uud so kalt, daß es die 
Hände nicht lang halten könnten. Da leisten nun die mitgebrachten 
Fausthandschuhe gute Dienste. 
Nun geht es eine Stunde lang auf einem fchmalen Rückeu, einem 
Grat dahin, der nach der einen Seite besonders steil abfällt. Da sieht 
das Auge iu schauerliche Abgründe hinunter. Den Weg kann nur ein 
Schwindelfreier gehen. 
Schon lange hat sich wieder die Kälte den Bergsteigern nnange- 
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