Full text: Anschauungsunterricht und Heimatkunde für das 1. - 4. Schuljahr mehrklassiger Schulen

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werte Anerkennung und Verbreitung uoch nicht gefunden haben, daß sie 
an einer merkwürdig schillernden Planlosigkeit leiden, daß die Schulpraxis 
infolge falscher Auffassung der Zwecke zu Einseitigkeiten und Verirrnngen 
mancherlei Art geführt hat. Während der Anschauungsunterricht oft in 
leeres Gerede ausgeartet ist oder sich zu abstrakten Denk- und Spreche 
übungen abgeblaßt hat, ist die Heimatkunde vielfach zur reinen Topo- 
graphie geworden, in der den Straßen, Plätzen, Omnibuslinien und 
ähnlichen Dingen eine so breite Behandlung zugewiesen wird, daß man 
sich unwillkürlich fragt, ob denn die Jugend vorzugsweise zu Fremden- 
sührern oder Droschkenkutschern ausgebildet werden solle. 
2. Durch die Herausgabe dieser Lehrgänge, die in der Hauptsache 
zugleich Bestandteile unseres „Lehr- und Lesebuches zur Pflege 
nationaler Bildung" sind, haben wir versucht, die Fragen nach Zweck, 
Stoff, Methode und Ausdehnung der in Rede stehenden Unterrichtszweige 
in praktischer Weise zu beantworten. Die Grundsätze, die uns bei 
Abfassung dieser Lehrgänge geleitet haben, wurzeln in den Werken 
unserer Meister. Wir lassen sie für uns sprechen. 
Pestalozzi sagt: „Die Anfangsgründe der Geographie vermischen 
sich lange beim Kinde mit den Anfangsgründen der Zoologie, Minera- 
logie und Botanik. Auch die Anfangsgründe der Geschichte, die Kennt- 
nis der menschlichen und bürgerlichen Verhältnisse fallen in das große 
Gemisch seiner allgemeinen Anschauung der Welt. Es ist gut, daß das 
Gemisch von Anschauung in jeder einzelnen Absicht zum Bewußtsein reife, 
ehe es dahin geführt wird, die Gegenstände seiner Anschauung als Gegen- 
stände irgend einer Wissenschaft gesondert ins Auge zu fassen." 
Fröbel sagt: „Nichts giebt den Kindern, den Knaben, der Jugend 
mehr Kraftgefühl, regeres und sicheres Gefühl höheren geistigen Lebens, 
nichts wirkt stärkender, entwickelnder und erhebender dafür, als das sichere 
Gefühl und lebendige Bewußtsein, in der nächsten Umgebung, in der 
Gegend seiner Geburt und seines sich entfaltenden Lebens recht zu Hause, 
recht heimisch mit der Natur und mit den Naturerzeuguisseu seiner Um- 
gegend recht bekannt und vertraut zu sein." 
Diesterweg sagt: „Den Menschen recht fest machen in der Heimat, 
nicht bloß sie ihn lieben lehren, sein Gemüt für sie, ihre Wesenheit und 
Eigentümlichkeit beleben, heißt mit nichten, das Pfahlbürgertum befördern, 
sondern die Wurzeln seiner Kraft begießen und stärken. Diese liegen ini 
Boden der Heimat." 
Wir bedürfen wohl keiner rechtfertigenden Zeugnisse weiter, wenn 
wir, uni die natürlichen, aus der Quelle der Anschauung fließenden 
Unterlagen, die so notwendigen Maßstäbe und Bilder für 
das Entlegene und Vergangene zum Aufbaue einer gesunden Volks- 
bildung zu gewinnen, Anschauungsunterricht und Heimatkunde 
zum Mittelpunkte des Unterrichts für die 6—10 jährige Jugend gemacht 
sehen möchten. Zugleich ist es auf Weckung der eigenen Beobachtungs- 
kraft und der freien Selbstthätigkeit abgesehen; denn die zu ver- 
mittelnden Kenntnisse sollen möglichst selbsterlebte Erfahrungen sein.
	        
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