202 Kreis Hauptmanns chaft Zwickau.
Ausgezeichnet sind die Schönburgischen Receßherrschaften
nicht nur durch freundliche Lage, Fruchtbarkeit uud sorgfältigen
Anbau, sondern hauptsächlich auch durch ihre Wollen- und
Baumwollenindustrie, in welcher sie die nächste Stelle nach
Chemnitz einnehmen, und insbesondere hat die Weberei, neben
der im östlichen Theile vorherrschenden Strumpfwirkern, in den
letzten Jahrzehnten eine große Bedeutung gewonnen.
Die Receßherrschaft Glauchau, welche in die beiden, ver-
schiedenen Besitzern gehörigen Herrschaften Vorder- und Hinter-
Glauchau zerfällt, enthält die Städte Glauchau, Meeraue,
Hohenstein uud Ernstthal.
Glauchau (21.743 Einw., 1511 H.), die größte Stadt der
Schönburgischeu Receßherrschaften, Sitz der Gesammtkanzlei uud
eines Hauptsteueramts, liegt äußerst anmnthig an der Mulde
(Bahnh. 245m h.), aber theilweise den Ueberschwemmnngen der-
selben ausgesetzt. Es hat eine Kirche mit Silbermannscher Orgel
und 2 gräfliche Schlösser mit herrlichen Anlagen. Hier ward
1494 Georg Agricola (S. 196), der Begründer der Minera-
logie in Deutschland, geboren. Am bekanntesten aber ist Glauchaus
Name, wie der der Schwesterstadt Meeraue, durch den staunens-
werthen Aufschwung ihrer Industrie und das dadurch hervor-
gerufene außerordentlich schnelle Wachsthum beider Städte. Beide
fabriciren vorzugsweise wollene und halbwollene Kleider- und
Mäntelstoffe, außerdem besitzt Glauchau 17 Woll- und Baum-
wollenfärbereien, 21 Appreturanstalten, 6 Garndruckereien und
3 Bleichereien. Auch viele Korbwaaren werden in und um
Glauchau gefertigt, gröbere Waaren, wie Kohlen- und Tragkörbe,
in den umliegenden Dörfern, in der Stadt selbst meist Ziagen-,
Menbel- und feine Korbarbeit. — Im Muldenthale zwischen
Glauchau und Zwickau wird nämlich der Anbau von Weidenruthen,
sogenannten Zennen, betrieben, am stärksten in dem Dorfe Crossen.
Ein gut bestandener Acker gibt bis zu 300 M. Rohertrag, be-
ansprncht aber auch eine sehr bedeutende Pflege. Alljährlich im
Mai, zur Zeit des Saftes, werden die Ruthen vom Boden ab-
geschnitten, was mit besonderen Messern geschieht und genau
beobachtet sein will.
Mcerane, links von der Mulde (Bahnh. 251 m h.) hat sich
durch seinen großartigen Geschäftsbetrieb in den letzten 25 Jahren
zu Glauchaus Nebenbuhlerin emporgeschwungen und besitzt gegen-
wärtig 102, zum Theil sehr ausgedehnte Fabrikgeschäfte. Im
Jahre 1815 ein Städtlein von 2500 Einwohnern, 1875 aber mit
einer Bevölkerung von 21.277 Einw. in 1529 Häuseru, darf sich
Meerane unter allen sächsischen Städten des schnellsten Wachs-
thnms rühmen. — Im Mittelalter war Meerane der Mittelpunkt
einer Herrschaft, welche Kaiser Konrad III. seiner Schwester
Gertrud bei ihrer Vermählung mit König Wladislaw von Böhmen
als Mitgift verlieh, weshalb auch Wladislaw, als er 1163 ver-