Full text: Bilder aus den deutschen Kolonien

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genommen. Er erzählt nämlich: „Ein Kasuar kam zu einem Flußufer, stand 
einige Augenblicke still, das Wasser aufmerksam betrachtend, gmg in das 
Wasser hinein, welches dort etwa einen Meter tief war und tauchte teilweise 
unter, wobei er die Flügel ausstreckte. So blieb der Vogel vollständig be- 
weguugslos, sogar mit geschlossenen Augen, eine Viertelstunde lang, zog dann 
plötzlich die Flügel an und trat an das Ufer zurück. Während er sich hier 
schüttelte, fiel eine Anzahl kleiner Fische aus seinen Flügeln und Federn 
heraus, welche sofort aufgepickt und verschluckt wurden." — Nicht selten 
konnte ich von meinen Schulkindern hören, daß sie einen fischenden Kasuar 
bemerkt hätten. Er soll besonders gern nach Flußkrebsen fahnden. Ich habe 
einen Kasuar auf einer Insel des Powellflusses Mawilu) beobachtet, der den 
Sandboden nach Muscheln absuchte. 
Das Fleisch des Kasuars ist etwas zähe, sonst aber recht wohlschmeckend 
und wird von manchem den hiesigen Wildschweinen vorgezogen. Der Bai- 
ninger jagt den Vogel nicht nur des Fleisches, sondern auch der Federn 
wegen, die er zur Verzierung seiner Schmuckgegenstände benutzt. 
P. Roscher, 
15. Die Sorge für den Landfrieden auf den Bismarckinfeln. 
Krankheiten, Kindersterblichkeit sind zweifellos von erheblicher Bedeutung 
für die niedrige Bevölkerungsziffer im Archipel, doch läßt sich die geringe 
Dichtigkeit der" Bevölkerung daraus allein nicht erklären. Eine Hauptursache 
dafür, daß die Eingeborenenzahl eine so niedrige geblieben ist, dürfte vielmehr 
in den beständigen Kämpfen der Eingeborenen untereinander zu suchen sein. 
Überall im Bismarck-Archipel wiederholt sich dasselbe Bild: kleine Stämme, 
welche in beständiger Fehde mit anderen Stämmen, bisweilen ihren nächsten 
Nachbarn, liegen. Das Dasein vieler dieser Stämme kann man zutreffend mit 
dem eines Rudels Raubtiere vergleichen, das bald auf Raub ausgeht, bald 
selbst gejagt wird. Die Fehden zwischen einzelnen Stämmen herrschen häufig 
seit Menschengedenken und müssen nach Eingeborenenbegriffen in alle Ewigkeit 
fortgehen. Es besteht überall der Grundsatz der Blutrache in ausgepräg- 
tester Form. Mord erfordert wieder Mord. In manchen Gegenden, wie auf 
der Gazellehalbinsel, ist Abkauf von Mordtaten durch Muschelgeld mög- 
lich, in anderen Gegenden, wie bei einigen Stämmen Neumecklenburgs, 
erfordert dagegen vergossenes Blut in jedem Falle Sühnung durch Tötung 
von Gegnern, ohne daß die Möglichkeit einer anderen Beilegung gegeben 
ist. Die beständigen blutigen und grausamen Kämpfe unter den Eiugebore- 
nen, besonders aber die fast allgemein geübte Gewohnheit des Tötens von 
Weibern und Kindern, bildet das wirksamste Hemmnis für die Zunahme der 
Bevölkerung oes Bismarck-Archipels. 
Besonders auf der Gazellehalbinsel hat es einer Reihe für die (Singe- 
borenen verlustreichen Kämpfe bedurft, ehe friedliche Zustände und die An- 
erkennuug der obrigkeitlichen Gewalt herbeigeführt werden konnten. Die 
Abgeschlossenheit der einzelnen kleinen Stämme gegeneinander, die Gewöhnung 
an einen beständigen Kriegszustand, die Lust am Mord und Menschenfraß
	        
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