Full text: Die außerdeutschen Länder Europas (Teil 2)

I. Die Alpen. 
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fruchtbar und lassen außer dem Getreide sogar Wein, Kastanien und Nußbäume 
gedeihen. Steigt man höher hinauf, dann verschwinden die Reben, die 
Kastanien und die Nußbäume. Aus der nördlichen Seite der Alpen geschieht das 
bei einer Höhe von 500 in, an den sonnigen warmen Südabhüngen erst bei 
800 ui. Bis zu diesen Höhenstufen sind die Täler trefflich angebaut. Überall 
erblickt das Auge saftige Wiesen, wogende Getreidefelder, fruchtreiche Wein- 
und Obstgärten. Selbst die steilen Berghänge müssen dem Menschen Früchte 
tragen. Freilich muß er den Dünger oft in Butten auf dem Rücken hinauftragen, 
und den Boden kann er nicht Pflügen, sondern nur hacken. 
Da die schwäbisch-bayrische Hochebene schon bis 700 m ansteigt, so gibt 
es auf der bayrischen Seite keine Reben mehr. Steigen wir höher, dann tritt 
in den Wäldern die Buche an die Stelle des Ahorns und des Nußbaumes. Später 
machen die frischen Laubwälder düstern Nadelwäldern Platz. Tannen, Lärchen 
und Kiefern herrschen vor. Namentlich eine Art der Kiefer, die Zirbelkiefer, 
gedeiht in den Alpen sehr gut. Sie liefert ein gutes Holz, das sich leicht schnitzen 
läßt. Die unteren Strecken der Voralpen sind noch ziemlich dicht besiedelt. Je 
höher man hinaufsteigt, desto seltener und kleiner werden die Ortschaften. Da 
muß man dann oft lange wandern, ehe man ein Dorf erreicht. Die Voralpen 
sind das Gebiet, wo die Menschen sich dauernd angesiedelt haben. Sie reichen 
ungefähr bis 1506 (oder 1800) in hinauf; also soviel wie die Schneekoppe. An 
der obersten Grenze wächst natürlich nur wenig. Man muß daher viele Lebens¬ 
mittel aus den tieferen Tälern hinaufschaffen. Das kostet viel Mühe und viel 
Geld. Doch sind einzelne dieser hochgelegenen Ortschaften recht gesund, z. B. 
D a v o s in Graubünden und St. M o r i tz in Oberengadin. Im Winter scheint 
dort fast immer die Sonne, fast nie gibt es Nebel wie in den tiefer gelegenen 
Orten. Diese reine, klare, sonnige Luft bekommt vor allem den Lungenkranken. 
Sie gehen daher im Winter gern dahin. 
5) Die Mittelalpen sind die zweite Höhenstufe und beginnen 
etwa bei 1500 in Höhe. Die großen Wälder hören auf. Selbst die Nadelbäume 
gedeihen nicht mehr recht. Sie bleiben kleiner, sind krumm und verkrüppelt und 
heißen daher Krumm- oder Knieholz. Selbst dieses niedrige Gehölz wächst nur 
an geschützten Stellen. Hier trifft man auf nackte Felsen mit schroffem, steilem 
Abfall und auf schauerliche Abgründe; dort sieht man weite Flächen mit ver¬ 
wittertem Gestein überdeckt. Solche Strecken heißen Schutthalden (Schratten- 
felder). Daneben gibt es hübsche Grasflächen oder Almen, Matten. Bon diesen 
Alpenweiden hat das ganze Gebirge seinen Namen erhalten. Die Alpenweiden 
sind dicht mit duftenden Gräsern bewachsen. Zur Zeit ihrer Blüte erblickt das 
Auge eine wundervolle Farbenpracht. Die roten Alpenrosen bedecken oft ganze 
Matten. Das Edelweiß klettert auf kahle Felsen hinauf. Die Mittelalpen sind 
das Gebiet der Almen, wo die Viehhirten während des Sommers weilen. Hier 
leben Murmeltiere, Gemsen und Steinböcke. Hier hausen auch noch Wölfe, Bären 
und Luchse. Hier haben sich auch Lämmergeier und Steinadler ihre Horste 
erbaut. Bis zur Schneegrenze reichen die Mittelalpen hinauf, also etwa bis zu 
2 500 oder 2700 in Höhe, rund 1000 in höher als die oberste Grenze der Voralpen. 
e) Die Hochalpen sind die dritte Höhenstufe und beginnen an der 
Grenze des ewigen Schnees. Darum gibt es in dem Gebiet der Hochalpen keine 
Bäume und Sträucher mehr. Nur Moose und Flechten trotzen der Kälte. An 
geschützten Stellen bilden sie ganze Rasenteppiche. Sonst ist das Hochgebirge 
völlig kahl und öde. Alles Tierleben ist erstorben. Wird ein Schmetterling oder 
ein anderes Kerbtier durch den Wind in diese eisige Gegend verschlagen, dann 
muß es erfrieren. Selbst Steinböcke und Adler wagen sich nur selten in die un-
	        
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