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XV. Europa im allgemeinen.
Die Wärme ändert sich auch mit der Höhenlage. Zum Glücke nehmen
die hohen Gebirge nur einen kleinen Raum ein. Europa hat nur zwei große
Hochebenen, nämlich die spanische und die skandinavische. Beide Hochländer
sind denn auch recht benachteiligt. Im nördlichen Skandinavien beginnt die
Schneegrenze bei 750 in, bei den Alpen erst bei 2700 in und bei der Sierra
Nevada sogar erst bei 3400 in.
Die Niederschläge nehmen im allgemeinen von Westen nach Osten
zu ab. Die allermeisten Regenmengen haben die Berglandschasten West¬
europas (in Irland, Schottland, Norwegen, Norddeutschland, Nordspanien usw.),
weil sich an ihnen die feuchten Seewinde zuerst entladen. Aber auch die Ge¬
birge im Binnenlande haben reiche Mederschläge. So wechseln in Westeuropa
wie in Südeuropa regenreiche Bezirke mit regenarmen. Manche Orte an der
britischen Küste haben über 400 cm Regen, der Brocken noch 170, manche
Alpenorte sogar bis 200 cm. Aber Berlin hat kaum noch 60 ein, Prag und
Ofenpest und Petersburg bloß noch 40 bis 50 om und Astrachan gar nur
12 om
Der Osten bekommt überwiegend Sonunerregen, der Westen hingegen
mehr Regen in den kälteren Jahreszeiten. In den kälteren Monaten werden
die Wolken int Westen schon so sehr abgekühlt, daß sie sich ihres Wassers ent¬
ledigen; in den wärmeren Monaten aber gelangen die Wolken bis weit nach
dem Osten, ehe sie sich zu Regentropfen verdichten. Südrußland und Ungarn
haben zumeist im Sommer Dürre. Die Mittelmeerländer haben ihre eigenen
Regenzeiten, bei ihnen wechseln heiße, dürre Sommer mit nassen, milden
Wintern. Im Sommer wehen trockene Nordwinde, welche einen wolkenlosen
Himmel bedingen. Im Herbst und Winter wehen regenreiche Seewinde.
6. Europas Pi tanzen- und Tierwelt.
So mannigfaltig Europas Gliederung und Witterung ist, so mannigfaltig
ist auch seine Pflanzen- und Tierwelt. Man unterscheidet vier Pflanzen¬
gürtel.
a) Die M o o s st e p p e oder Tundra beschränkt sich auf den äußersten
Noroen Rußlands. Immerhin umfaßt sie mehr als das halbe Deutschland
oder etwa die halbe Pyrenäenhalbinsel.
b) Di e Nadel - und Birkenwälder bilden den zweiten Pflanzen¬
gürtel. An die Moossteppe schließen sich zunächst niedrige, krüppelhaste Busch¬
wälder. Je weiter nach Süden, desto größer und kräftiger werden die
Bäume.
o) D i e gemischten Wälder bilden den dritten Pflanzengürtel.
Jrn milderen Westen findet sich häufig die zarte Buche, im Osten treten die
härteren Eichen, Linden und Ulmen an ihre Stelle. In diesem Gürtel ge¬
deihen die Getreidearten gut; er ist darum das wichtigste Getreideland Europas.
In der nördlichen Hälfte fehlen der Wein und der Mais, in der südlichen
treten sie bald mehr oder minder hervor. Bedeutend ist hier auch der Obst- und
Gemüsebau. Wo es an Niederschlägen fehlt, bildet sich die Grassteppe,
wie in Südrußland, Ungarn usw.
ck)Die immergrünen Laubbäume finden sich im vierten
Pflanzengürtel; er ist auf die begünstigtesten Bezirke der Mittelmeerländer be-
schränkt. Man findet nur selten Wälder von Eichen und Edelkastanien, meistens
bloß Olbäume, Myrten, Oleander, Lorbeer- uno Granatbäume u. a. Der