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Diesen Namen würde die Stelle vor der Einführung des Christen-
tnms durch Karl den Großen geführt haben und seitdem die heutige
Bezeichnung (alt Ouerenkerken). Ob das jetzige Wort deu Sinn
von der oberen Kirche („zu der oberen Kirche") der Lage nach hat
oder deswegen, weil diese Kirche bald als Mutterkirche 10 Tochter-
kapelleu (später -kircheu) unter sich hatte, ist eine Streitfrage.
Dem Kloster O. mußten einst viele Dörfer der Umgegend ihre
Zehnten und Gefälle liefern. Seine ursprüngliche Bestimmung
hat sich nur wenig verändert. Es ist heute ein freiweltliches
Stift für die Damen des hessischen und schaumburgischeu Adels
und wird die älteste kirchliche Stiftung dieser Art iu gauz Deutsch-
land sein. Zum Stift gehören augenblicklich 11 Damen, deren
oberste Äbtissin genannt wird. Seit dem 1. Okt. 1901 hat der
„Verein für wirtschaftliche Frauenschulen" iu den Stiftsräumen
eine landwirtschaftliche Frauenschule eröffnet, verbunden mit einer
Haushaltungsschule. Etwa 35 junge Mädchen können hier in
allen land- und hauswirtschaftlichen Arbeiten unterwiesen werden.
Die Schule erfreut sich des Schutzes (Protektorats) der Fürstin
zu Schanmbnrg-Lippe.
Obernkirdjen mit rund 4000 Einwohnern ist Station der Neben-
bahn Stadth.-Rinteln. Es hat außer dem genannten Stift, der
Stadtkirche und einer neuen katholischen Kirche ein Bergamt,
Amtsgericht, Postamt III, eine Apotheke, mehrklassige Bürgerschule,
katholische und jüdische Schule sowie eiue Synagoge. Verkehr
und Erwerb bringen namentlich die Glasfabriken Schauen stein
und Neuhütte.
Zum Kirchspiel gehören außer der Stadt und den 3 hessischen
Dörfern Rolfshagen, Krainhagen und Röhrkasten noch einige
bückebnrgische Ortschaften*), nämlich die Schulorte Beeke, Heeßen,
Gelldorf, Südhorsten und Bergschule-Helpsen (Nro. 2, 6, 8—14,
16, 17, 19, 24, 25 u. 28), serner Eilsen, Rösehöfe, Tallensen,
Echtorf (Nro. 1, 2, 4, 5, 7 u. 9), Altseggebruch, Stemmen und
Levesen.
Sehenswert ist das Stift mit seinen altertümlichen Gebäuden und Ein-
richtungen und die 1892/93 erneuerte evangelische Stadtkirche mit ihrem
Doppelturm. Die Turmhalle der Kirche ist der älteste Teil (romanisch); der
anstoßende höhere Teil ist aus Bruchsteinen, der ö aus Behaltenen Steinen
gebaut (gotisch). In der Kirche sind an Holzschnitzereien bemerkenswert der
Altar, ein Reliquienschrein, zwei Heiligenbilder auf dem Stiftschor und die
*) Vehlen, Ahnsen-Neumühlen, Schierneichen und Buchholz, die früher teilweise uach
Oberukircheu gehörten, sind in deu letzten Jahren ansgepfarrt. Iu der Folgezeit werden wegeu
der neu zu begründeudeu Kirchengemeiude Bergschule uoch weitere Veränderungen eintreten.
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