Full text: Heimatkunde des Fürstentums Schaumburg-Lippe

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Befreiung des Batternstandes. Die Abgaben und Dienste 
lasteten auf unserm Bauernstände niemals schwerer als im 16., 17. 
und 18. Jahrhundert, nicht etwa im Mittelalter, das man so gern 
als die Zeit der Knechtung des Bauernstandes durch den Edelmann 
hinstellt. Erst im 18. Jahrh. setzen erfolgreiche Bestrebungen ein, 
den Bauernstand aus seiner gedrückten Lage herauszubringen, Person 
und Gut des Bauern zu besreieu. Der erste Schritt wurde damit 
gemacht, daß der Grundherr den Besitzer eines Hofes nach Ablauf 
des Pachtverhältnisses nicht mehr ohne weiteres „abmeiern" durfte, 
sondern dem früheren Zeitpächter das Recht der Erbpacht ein- 
räumen mußte (f. Papiermühle usw., S. 117). 
Zu einer teilweisen Abstellung der Froudieuste, die unter 
allen bäuerlichen Lasten die drückendsten waren, kam es bei uns 
erst in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts unter dem Grafen 
Wilhelm. Er ließ z. B. die Arbeiten am Bau des Wilhelmsteins, 
des Schlaffes und Mausoleums zum Baum nicht durch Frondienste 
leisten, sondern gegen Lohn. Nach ihm hat der hannoversche Frei- 
Herr und Geheimrat Gerlach Adols von Münchhausen 1775 die 
Dienstabstellung bei der Amtspachtung Pattensen zum ersten Male 
vollständig durchgeführt. 
Eine gänzliche Befreiung von allen Abgaben und Diensten 
uud volles Eigentumsrecht am Hofe brachte endlich das 19. Jahr- 
hundert. Der Anfang wurde damit gemacht, daß Fürst Georg 
Wilhelm am 10. Febr. 1810 die gänzliche Aushebung der Leib- 
eigenschast anordnete, wodurch alle Untertanen freie Bürger des 
Staates wurden. Besonders fielen damit alle Beschränkungen der 
persönlichen Freiheit, auch die in der srüheren Leibeigenschaft be- 
gründeten Lasten und Pflichten, namentlich die Lösung des Frei- 
brieses, die Entrichtung des Ehetalers, die Bezahlung des Ein- 
kömmlingsgeldes, der Weinkauf bei Aufheiratuugeu, die Entrichtung 
von Erbe und Urkunde, der Heimfall der fahrenden Habe. Den 
Gutsherren wurde vorerst gestattet, die fernere Erhebung des Ehe- 
talers, des Weinkaufs bei Aufheiratung und des Erbes zu erheben, 
doch sollten diese Abgaben ablösbar sein. „Zu dem Ende ist der 
jährliche Ertrag besagter Abgaben nach einem 30jährigen Durch- 
schnitte zu berechnen, und wenn es auf Bestimmung einer Ablöfungs- 
summe ankommt, nach dem Zinsfuße zu 5 von Hundert zu Kapital 
zu erhöhen, dieses aber als Ablösungssumme anzunehmen, außerdem 
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