Schweidnitz. 247
den Verkehr, sperrte die Hauptstraßen, besonders die nach Breslau, mit bewaff-
neten Kriegern, nahm den Tuchmachern ihre Tuche fort, ließ ihre Wagen weg-
führen und einige Leute verhaften. Der Rat der Stadt schenkte nun am Feste
der heil, drei Könige 1522 dem Herzog Friedrich II. ohne Wissen und Willen
der Gemeinde eine große Büchse. Kaum wird dies unter den Zechen ruchbar,
so treten ihre Deputierten vor den Rat, werfen ihm sein Benehmen als ge-
wissenlos und verräterisch vor, weisen ihm nach, wie die Väter der Stadt bei
ihrer Amtsführung seit Jahren nur ihr eignes Interesse im Auge gehabt und
auf Kosten der Kommune sich bereichert hätten. Sie beschuldigten den Rat,
daß er es nicht mit den Bürgern halte, sich ihrer nicht nach Gebühr annehme,
frei und ungehindert mit ihrem Eigentnme schalte. Diese und andre Klagen
wurden den Vätern der Stadt in dreister Sprache mit unverhohlenem Unwillen
vorgebracht und die Gewissenlosigkeit der Amtsführung ihnen zum Vorwurf
gemacht. Der Rat erkannte aus diesen Äußerungen, wie gereizt die Stimmung
der Bürger war, und um nicht noch ärgere Auftritte zu erleben, verließen vierzig
Patrizier (nur drei Mitglieder des Rates blieben zurück) heimlich die Stadt
und verfügten sich unmittelbar zum Herzoge von Liegnitz, indem sie die fürst-
lichen Kleinode und alles Geld vom Rathause mit sich nahmen. Sobald der
Abzug der Ratsmitglieder unter der Gemeinde ruchbar wurde, stürmte der
Pöbel die Häuser derselben, zapfte Bier- und Weinfässer ab, nahm vieles
Tragbare hinweg, erbrach dann die Münzstätte und richtete bedeutende Ver-
heernngen an. Auf einer Versammlung der Fürstentumsstände ließen die Bürger
die Privilegien der Stadt und ihre alten Gerechtsame ablesen, erboten sich zu
einer gerichtlichen Untersuchung, ob sie die neue landesherrliche Münze-annehmen
müßten, und führten heftig Klage über den Herzog von Liegnitz, daß er ihnen
die Landstraße verlege, Roß und Wagen plündere und raube und sie in Ge-
fangenfchaft fortführe. Da es zu keiner Vereinigung der Stände kam, schlössen
die Hauptzechen der Stadt miteinander ein Schutz- und Trutzbündnis.
Der Hof in Prag ist indes von der Aufregung, die zu Schweidnitz herrscht,
von der Entweichung des Rates und der drohenden Stellung der Zünfte benach-
richtigt und fordert acht Personen nach Prag, damit sie Rede stehen. Die
Schweidnitzer aber schicken mehr als 70 Abgeordnete zum König, verehren
ihm sechs Faß Schweidnitzer Bier und der Königin einen Kopfputz für 42 Schock
böhmischer Groschen, machen auch dem Bischof des Königs ein Geschenk in Geld
und hoffen so sich eines günstigen Eindrucks zu versichern. Nachdem die Ab-
geordneten lauge gewartet haben, erhalten sie die Erlaubnis, nach Hause zurück-
zukehren und in Breslau ihre Angelegenheit dem Markgrafen Georg von Bran-
denburg, dem Bevollmächtigten des Königs, vorzutragen. Zögernd machten sich
69 Bürger aus den Weg nach Breslau, denn sie versprachen sich von ihrem
Vortrage nicht viel Gutes. Als sie in Breslau ankamen, wurden mehrere ge-
fangen genommen und im Juni (1522) nach kurzem Verhöre drei auf dem
Marktplatz als Unruhestifter enthauptet. Zugleich rüstete sich Georg von Bran-
denburg zur Belagerung der Stadt Schweidnitz, weil er vermutete, daß auch
diese Strenge die gereizte Stimmung der Bürger nicht beruhigen werde. Die
Belagerung, zu der die Breslauer Geld, Geschütze und Mannschäst hergeben
mußten, begann am 14. Juli unter Anführung Georgs von Brandenburg und
Friedrichs II. von Liegnitz. Die Stadt befand sich in einem Zustande, in dem