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14 Griechische Geschichte. 
2. Athen im 6. Jahrhundert. 
Im 6. Jahrhundert wurde überall die Oligarchie, die Klassen- 
Herrschast des Adels, gebrochen; typisch ist die Geschichte Athens: 
a) Die Entartung des Adels, die Notlage der Bauern und Pächter, 
der Ausschwung der Handeltreibenden hatte in Athen unerträgliche Zu- 
stände und lange Kämpfe herbeigeführt. Endlich einigten sich die drei 
streitenden Parteien dahin, gemeinsam ©olon1) zum Vermittler und 
Archon zu machen, und sie übertrugen ihm 594 v. Chr. die Regierung 
mit diktatorischen Befugnissen und diskretionären Vollmachten. 
Solon kannte sehr gut den Wert des Geldes; aber nichts haßte 
er so sehr, wie die TrXeove^a, die Unersättlichkeit im Erwerb, die 
materielle Gier, die Habsucht, die kein Ziel kennt. Sein Wahlspruch 
war p]5ev äcyav, d. h. „Halte in allen Dingen Maß". 
Solons Verdienste liegen darin, daß er Athen, ganz Griechenland 
vor orientalischer Knechtschaft bewahrt, daß er allen Bürgern gleiche 
persönliche Bewegungsfreiheit gegeben, daß er einen Ausgleich zwischen 
den widerstreitenden Interessen der drei Stände geschaffen hat. Er 
„kämpfte für alle gegen alle": 
Einerseits schützte er den Adel vor agrarrevolutionären Gleich- 
heitsbestrebungen. Anderseits erlöste er die Bauern aus Schuld- 
Knechtschaft und Leibeigenschaft, ließ die vielerorten eingegrabenen Hypo- 
thekensteine aus der Erde ziehen, schlug die Schulden nieder, brachte 
die in Sklaverei verkauften Bauern nach Athen zurück, setzte ein Höchst- 
maß für den Grundbesitz feft und verbot für alle Zukunft, Geld in 
der Weife zu leihen, daß der Schuldner mit feiner Person haftete. 
Dazu hat Solon den neuen Stand der Handel- und Ge- 
werbetreibenden außerordentlich gehoben, indem er durch die 
sogenannte „Timokratie" die politischen Rechte und Pflichten nach dem 
Besitz >) abstufte, wobei es jedem Bürger möglich war, durch persönliche 
Tüchtigkeit von der untersten Stufe zur höchsten emporzusteigen. Nach 
dem Einkommen (census) wurden die Bürger in vier Klassen eingeteilt; 
nach diesen Klassen waren sowohl die Pflichten und Leistungen, als 
auch die politischen Rechte verschieden. Die unterste Klaffe hatte nur 
das Recht, an der Volksversammlung und am Volksgericht teilzunehmen; 
die obersten Beamten und die Mitglieder des obersten Gerichtshofs, des 
Areopags, mußten zur ersten Klaffe gehören. Dabei machte Solon auch 
einen Unterschied zwischen aktivem und passivem Wahlrecht. 
1) Schmoller nennt Solon den „größten Sozialresormer der antiken Welt" 
2) Hierbei scheint Solon freilich den Grundbesitz vorgezogen zu haben.
	        
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