Die Gegenden an der Weser.
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Der am Holzberge bei Stadtoldendorf entspringende Weserzufluß
Lenne hat nw. Lauf. An ihm liegt das gleichnamige Dorf (1000 E.) und
weiterhin Eschershausen (2000 E.), die kleinste Stadt unsers Herzogtums.
Letzterer Ort, uoch jetzt von schönem Wald umgeben, war um 1100 der
Mittelpunkt einer Besiedelung durch Niederländer, die in dieser Gegend
Waldungen rodeten. Viele von den heutigen Bewohnern finden ihren Unter¬
halt in fünf Fabriken, die den Asphalt des Hilses verarbeiten, um ihn
weithin zu verschicken. Im Hause Nr. 138 wurde am 8. September 1831
der große Dichter Wilhelm Raabe geboren, der im „Horacker", im „Odfeld",
in „Hastenbeck" und anderen Erzählungen vielfach Erinnerungen an seine
herrliche Heimat verwertet hat. Zu ihrem Gebiet gehört ferner der w. vom
Odfeld zwischen Forstbach und Lenne ausgebreitete, bis an die Weser reichende
Vogler. Unter den zahlreichen Höhen des Gebirges, das ein immergrünes
Kleid von Tannenwaldungen trägt, rühmt man um ihrer weitreichenden
Aussicht willen namentlich die Kuppe des Ebersuackens (460 ui), von dem
aus sich das gepriesene Wabachtal nach SO. erstreckt. Die Westseite des
Voglers fällt steil zum Strome ab, so z. B. in dem Weinberge bei Rühle
(800 E.), auf dessen Höhe dem Herzog Wilhelm ein Denkmal gesetzt
worden ist.
Von der Stelle ab, wo der Forstbach mündet (bei dem zu Bevern ge¬
hörigen Weiler Forst), macht die Weser, genötigt durch die vorspringenden
Sandsteinzüge des Voglers, einen größeren und einen etwas kleineren Bogen
nach W. zu. Ersterer liegt auf einem viereckigen hannoverschen Trennstück.
An der Stelle, wo dieses sich mit Westfalen und Lippe berührt, erhebt sich
wie ein gewaltiger Grenzstein (etwa 10 km w. von Holzminden) der
Köterberg (497 m). Von der auf ihm errichteten Schutzhütte eröffnet sich
eine so großartige Rundsicht, daß man ihn den Brocken des Weserberglandes
nennt. Es geht die Sage, er berge große Schätze, doch werde der Eingang
zu den hineinführenden Höhlen durch schreckliche Riesen versperrt; ein armer
Schäfer, den eine Königstochter mit Hilfe der Springwurzel hineinbrachte,
vergaß das Beste, die Zauberwurzel, wieder mit herauszunehmen, und so
konnte er nicht wieder hineingelangen. Neben dem hannoverschen Flecken
Polle (1100 E.) liegen, von Bäumen umschattet, die Trümmer einer Burg,
auf der einst die Ebersteiner Grafen wohnten, die aber gegen Ende des
15. Jahrhunderts in wölfischen Besitz überging und im 30 jährigen Kriege
größtenteils von Tilly verbrannt wurde.
Das von dem erwähnten zweiten Bogen bespülte Uferland der Weser
ist wieder braunschweigisch. Dort ragen bei dem Dörfchen Dölme r. der
Breite Stein und l. der Teufelsstein empor als Teile einer Felswand, die
der Strom einst gewaltsam durchbrochen hat. Die am Teufelsstein liegende Teufels¬
mühle wird von einem Bache getrieben, der dicht über dem Mühlenrade aus
dem Felsen hervorrauscht und dann in einem Kanäle unter der Landstraße
hindurch in die Weser stürzt. Von ihr erzählt man: In der Gegend von
Ottenstein wohnten einst zwei Riesen, von denen einer eine Mühle, der
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