1. Die Hochlandschaften Spaniens.
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die kahlen Flächen durchwehen, und vor der Schnee- und Eiskruste, die im
Winter den Boden überzieht.
Lohnender als diese Kultur ist der Ackerbau, besonders in der nördlichen
Hälfte des Tafellandes, überall da, wo thonig-mergeliger und sandig-lehmiger
Boden die Saat aufnimmt, denn der Gips duldet keinerlei Anbau. Aber auch
diese Gegenden des spanischen Hochlandes geben nur Laudschastsbilder von
ermüdender Einförmigkeit. Völlig eben nnd baumlos lagern sich die endlosen
Felder (die Tierras de campos des nördlichen Spaniens) mit Weizen, zum
Teil auch mit Kichererbsen oder Roggen bestanden, um die kahlen erdfahlen
Ortschaften, nirgends durch einen das Auge erfreuenden Wiesenteppich freund-
lich unterbrochen. Und oft genug sehen die gepflügten Felder und die jungen
Saaten unaussprechlich durstig aus. Der Glut einer unverhüllten Sonne aus-
gesetzt, vertrocknen die Keime in der dürren Erde, wenn die Frühlings- oder
Herbstregen zn lange ausbleiben oder nicht zureichend sind. „Maienwasser,
Brot fürs ganze Jahr" ist castilifche Bauernregel. Um aber nicht ohne alle
Hoffnung auf Ertrag das Feld zu bestellen, hat man ans den Hochlandsfeldern
hier und da künstliche Bewässerung eingerichtet. Schöpfräder, von Maultieren
getrieben, heben das Wasser aus dem tiefen Bette des nahen Flusses und
gießen das befruchtende Naß über die Fluren.
Mitten zwischen diese Getreidefelder drängen sich die ödesten, unfrucht-
barsten Steppen. Wie um jeden Versuch des Anbaues zurückzuweisen, sind
über diese salzhaltigen Flächen Rollkiesel und Granitgeschiebe verstreut, und
nur nach dem Regen kleidet sich die staubige, trockene Steppe in ein immerhin
nur einförmiges Grün. Kurzhalmiger Rasen deckt alsdann hie und da den
Boden, vorzüglich aber sind aromatische Gräser und Sträucher zum Leben
erweckt, Eisten, Eriken, Lavendel, ein kleines Sednm, Orobanchen, schmäch-
tige Antirrhinnmarten, in großer Masse auch die nordische Bärentraube, Thy-
miau, Ginster uud zahlreiche Disteln, ein Lieblingsfutter für die Schafe. Daher
bildeu denn auch zahlreiche Schafherden den Reichtum des eastilischen Landwirts,
und jene unkultivierten Flächen, namentlich von Alteastilien uud Leon, sind die
Sommerweideplätze der Merinoherden. In der rauheren Jahreszeit verlassen
diese feinwolligen Schafe die Hochebene und ziehen, von Weide zu Weide
wandernd, in die tiefergelegenen Landschaften des südlichen Estremadnra, nm
auf den ausgedehnten Eistnsheiden dieser Provinz ihre Winterquartiere zu
beziehen.
Am ausgeprägtesten zeigt sich der Steppencharakter des spanischen Hoch-
landes in der berüchtigten neneastilischen Mancha, jenem „trockenen, dürren
Lande", wie das nach seinem Ursprünge arabische Wort es ausdrückt, das zeit-
weise selbst dey Guadiaua aufsaugt, sodaß nur vereinzelte Sumpfstrecken die
Richtung seiues Laufes erkennen lassen. Ins Unendliche dehnt sich die sonnen¬