Full text: Europa (mit Ausschluß des Deutschen Reiches) (Bd. 2)

65. Amsterdam und Umgebung. 
319 
ernsten Baue, muß der König von Holland, dessen Residenz Haag ist, alljähr- 
lich 8 Tage Wohnung nehmen. Die Gemächer und Säle darin hat man aufs 
prächtigste verziert und weder Gold noch Marmor, weder Samt noch Seide 
dabei gespart. Der Schloßturin gewährt einen überrascheud fchönen 
Blick auf die Stadt, sowie auf Laud und Wasser in ihrer Umgebung. Die 
erstere erscheint als mächtiges Häusermeer, vou nicht wenigeren Kanälen als 
Straßen durchzogen. Westlich sieht man bis Harlem, südlich bis Utrecht; im 
Norden erblickt man die Docks und den Mastenwald des A mit dem Znidersee. 
Große und kleine Kauäl e (Grachten) verlaufen durch die Stadt und zer- 
schneiden sie in 90 Inseln. Leider fehlt es diesen zahlreichen Wasserstraßen 
an der nötigen Bewegung ihres Wassers, sodaß sie nicht genügend rein ge- 
halten werden können und im Sommer oft die Luft verpesten. An der Heeren- 
nnd Keizersgracht, welche mit Ulmen und Linden besetzt sind, sieht man die 
schönsten Privatgebäude Amsterdams, iu welchen die Geldlente und Groß- 
Handelsherren der Stadt Wohnung genommen haben. So freundlich die langen 
Straßen auch aussehen, so unterscheiden sie sich doch wenig voneinander, 
weshalb uus die Lust vergeht, eine oder die andre ihrer ganzen Länge nach 
zu durchwandern. Die Häuser von Amsterdam, selbst die neuen, haben ein 
mittelalterliches Aussehen und kehren ihre schmalen, hohen Giebelseiten der 
Straße zu. Aus den Straßen herrscht das regste Leben, oft betäubender Lärm. 
Unzählige Ausrufer, Milch- und Gemüseweiber, Trödler, Lastträger, Musikanten 
drängen sich durcheinander, und von den zahlreichen Türmen herab tönen die 
Glockenspiele. 
Da die obere Schicht des Bodens von Amsterdam lediglich aus Moor 
und Schlamm besteht und sich erst in einer Tiefe von 16 m fester Sandboden 
findet, so muß man erst gewaltige Pfähle in den Baugrund eintreiben, um 
für die zu errichteudeu Häuser eiue feste Grundlage zu schasfeu. Das „Paleis" 
steht aus ziemlich 14 000 solcher Pfähle. Wegen dieser Beschaffenheit des 
Bodens leidet die Stadt noch an einem anderen Übelstande: es fehlt ihr gänz- 
lich an Qnellwaffer, weshalb man in Cisternen Regenwasser sammelt. 
Doch hat man in den Dünen, 15 km von der Stadt entfernt, einen großen 
Sammelbehalter angelegt, welcher durch unterirdische Röhren Amsterdam mit 
Wasser speist. Immerhin muß bei sehr großer Trockenheit das Wasser auf 
Kähnen von Utrecht herbeigeführt werden. 
Der Kunstfreund wird gern ein paar Stunden im Reichsmuseum, 
welches Meisterwerke niederländischer Maler enthält, verbringen. Hier sieht 
man Rembrandts berühmte „Nachtruude", welche den Auszug einer Schützen- 
tompagnie darstellt. Von demselben Meister besitzt das Reichslstufeum ein 
zweites großes Gemälde, die „Vorsteher der Tuchmacherzunft von Amster- 
dam". Aber auch audere holländische Meister mit ihren Landschaften,
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.